Forschung & Lehre 9/2019
796 N A C H R I C H T E N Forschung & Lehre 9|19 Nachrichten Täglich aktuelle Nachrichten auf www.forschung-und-lehre.de Uni Göttingen: Spoun verzichtet, Krull tritt zurück, Uni sucht Neuanfang D er Präsident der Leu- phana Universität Lü- neburg, Professor Sascha Spoun, steht für das Amt des Präsidenten der Georg-Au- gust-Universität Göttingen nicht mehr zur Verfügung. Das teilte er laut einer Mittei- lung Senat und Stiftungsrat der beiden Hochschulen mit. Spoun bleibt damit Präsident der Universität Lüneburg, an der er zum Jahresbeginn für eine dritte Amtszeit bis 2028 wiedergewählt und bestätigt worden war. „Mit großem Erstaunen habe ich zur Kenntnis neh- men müssen, dass es offenbar formale Fehler bei der Doku- mentation einzelner Aus- wahlschritte gegeben haben soll und daher erhebliche Zweifel an der Rechtskonfor- mität des Wahlverfahrens be- stehen“, teilte Spoun zu der Entscheidung mit. Er habe von den formalen Zweifeln an der Rechtskonformität des Wahlverfahrens von der Uni- versität Göttingen erfahren, die sich hierzu in einem Kon- kurrentenstreitverfahren vor dem Verwaltungsgericht po- sitionieren muss. Ein Mitbewerber hatte ei- ne „einstweilige Anordnung“ beantragt, der Universität Göttingen zu verwehren, den gewählten Präsidenten der Universität mit Professor Sa- scha Spoun zu ernennen. Der Deutsche Hochschulverband (DHV) unterstützt die Klage mit einer Prozesskostenhilfe. „Wenn derart schwerwie- gende Zweifel an der Recht- mäßigkeit des Besetzungsver- fahrens vorliegen, kann und will ich für dieses Amt nicht zur Verfügung stehen“, sagte Spoun weiter. Er wolle sich nun „mit aller Kraft und Kreativität“ weiter für die Universität Lüneburg einset- zen. Der Vorsitzende des Stif- tungsrates und des Stiftungs- ausschusses der Universität Göttingen, Dr. Wilhelm Krull, hat daraufhin „mit sofortiger Wirkung“ den Rücktritt von seinen Ämtern bekanntgege- ben. Das teilte die Universität mit. Krull begründete seinen Rücktritt mit der „aus formal- rechtlichen Gründen geschei- terten Berufung“ von Profes- sor Spoun. An der Universität Göt- tingen setzt man für die Be- setzung des Präsidentenamts nun auf eine Bewerberin oder einen Bewerber von der eige- nen Universität. Mit Blick auf die Vorkommnisse werde sich wohl niemand Externes fin- den, sagte Krull auf Anfrage des „Göttinger Tageblatts“ noch vor seinem Rücktritt. Man gehe davon aus, dass die hauptamtliche Vizepräsi- dentin für Finanzen und Per- sonal, Dr. Valérie Schüller, nun länger als geplant das Amt der Universitätspräsi- dentin kommissarisch über- nehmen werde. Die frühere Präsidentin der Hochschule, Professorin Ulrike Beisiegel, hatte im Juli erklärt, dass sie vorzeitig zum 30. September in den Ruhestand gehen wer- de. Kommentatoren sprachen von Druck aus dem Senat. Über die Neubesetzung des Präsidentenamts will der Se- nat der Universität laut „Ta- geblatt“ bald entscheiden. Professorinnen und Pro- fessoren der Universität Göt- tingen haben unterdessen in einem offenen Brief ihren Druck auf die Hochschule er- höht. Sie fordern, dass sich alle an dem Ernennungsver- fahren Spouns Beteiligten aus Findungskommission, Senat und Stiftungsrat ihrer Verant- wortung stellen. „Die Universität hat jetzt die Chance, sich in einem or- dentlichen, transparenten Verfahren eine Persönlichkeit für das Präsidentenamt zu su- chen, die für einen Neuanfang steht, der auch eine neue Form der governance ein- schließt“, heißt es in ihrem Schreiben. Sei die Rolle der an dem zurückliegenden Ver- fahren Beteiligten nicht mit diesem Neuanfang vereinbar, sollten sie ihre Ämter zur Verfügung stellen. Die Professoren-Gruppe fordert zudem einen von ex- ternen Juristen geprüften Be- richt über das zurückliegende Verfahren, der dem Senat vorgelegt wird, sowie eine neue Ausschreibung und die Einsetzung einer neuen Fin- dungskommission mit ande- ren Mitgliedern. Auch müsse das Verfahren transparenter sein und Fakultäten und Gruppen die Möglichkeit bie- ten, Bewerberfeld und Kandi- dierende kennenzulernen und dazu Stellung zu nehmen. Das Konkurrentenstreit- verfahren dürfte sich derweil mit der Absage Spouns an die Universität Göttingen erledigt haben. Mit einem Konkurrenten- streitverfahren kann ein nicht zum Zuge gekommener Be- werber seinen sogenannten Bewerbungsverfahrensan- spruch verfolgen, der ihm ein Recht auf ein faires und ge- rechtes, insbesondere nicht einzelne andere Bewerber be- vorteilendes Findungs- und Wahlverfahren gibt. Damit sollte das Verwaltungsgericht Göttingen die von vielen Pro- fessorinnen und Professoren in Göttingen erhobenen Ein- wände gegen das Findungs- und Auswahlverfahren von Spoun prüfen.
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