Forschung & Lehre 9/2019

814 L E H R E Forschung & Lehre 9|19 Digitalisierung in der Lehre Potenziale und deren Umsetzung D ie Digitalisierung in der Lehre zeigt sich in der stetig wach- senden Präsenz vielfältiger neuer Lehr- und Lernformate in den Bachelor- und Masterstudiengängen der Universitäten. Dafür kommen insbe- sondere responsive Plattformen und mobile Anwendungen zum Einsatz: Das Spektrum der digitalen Formate reicht von Piloten bis hin zu etablierten Szenarien. Ein vielverspre- chendes Duo für die Ge- staltung zukünftiger digi- taler Lernformate in der Hochschulbildung sind da- bei Mobile Learning und Künstliche Intelligenz. Traditionelle Lehrformate wie Vor- lesungen, Seminare und Übungen fin- den verstärkt im Blended Learning- Format oder z.T. nur online statt. In Vorlesungen setzen Lehrende Apps wie mobile Audience-Response-Systeme für unmittelbare Rückmeldungen von Stu- dierenden ein; mit entsprechenden Apps könnte damit unmittelbar das Stimmungsbild zu gestellten Fragen im Kurs eingefangen und darauf reagiert werden. Studierende nutzen insgesamt im- mer häufiger ihre mobilen Endgeräte, Smartphones und Tablets, zur Bearbei- tung von Studieninhalten und von Lern- bzw. Prüfungsaufgaben, zur Kom- munikation und Kollaboration mit Mit- studierenden und Lehrenden. Durch die Verwendung ihrer eigenen Apps als Lernwerkzeuge in Kombination mit den synchronen und asynchronen Tools der Universitäten gehört Mobile Lear- ning an Hochschulen m.E. zu einem der grundlegendsten Formate – zumal diese Form des Lernens dem Bedürfnis nach Flexibilität, nach Unabhängigkeit von Raum und Zeit sowie nach einer durchgängigen Lernunterstützung (Ubi- quituous Learning) von Informationen und Wissen, einem „bruchlosen“ Lernen (Seamless Learning) sowie einer mög- lichst einfachen Verknüpfung von for- malem und informellem Lernen entge- genkommt. Eines der relevanten Formate, die diese Merkmale im universitären Kon- text bereits bieten, ist das Inverted Classroom. Das Format vertauscht – im Verhältnis zur bisherigen Lehrtradition – die Inhaltsvermittlung und -erschlie- ßung mit dem Üben und Anwenden zeitlich und räumlich: Texte, Kursprä- sentationen, aber auch digitale Medien wie Podcasts, Vorlesungsaufzeichnun- gen, Lernvideos, Screencasts, Quizzes bzw. Selbstlernaufgaben auf einer Lern- plattform oder Open Educational Res- sources stehen den Studierenden schon vor der Präsenzveranstaltung zur Ver- fügung, so dass sie sich in dieser Selbst- lernzeit in eigenem Lerntempo damit vorbereiten und in Vorlesungen oder Seminaren zielgerichtet Fragen stellen, vertiefend argumentieren und diskutie- ren können. Bereits an diesem Lernfor- mat zeigt sich, wie durch die Digitali- sierung das persönliche Leistungsver- mögen der Studierenden in den Blick gerät und eine verstärkte Fokussierung auf den einzelnen Studierenden und seine Einbindung stattfindet. Lernbedürfnisse erfüllen Sicher, es gibt noch weitere digitale Lehr- und Lernformate im universitären Kontext, zu denen Game-based Lear- ning, Online-Kurse (auch MOOCs), Social Writing, Online-Peer-Lernen oder Lernformate mit Augmented und Virtual Reality gehören. Zeitgemäß sind aber adaptive, personalisierte Lern- formate, die speziell die Diversität der Studierenden mit ihren Stärken und Schwächen sowie deren Selbstregulati- on und Selbstwirksamkeit im Studium unterstützen und sich flexibel und „in- telligent“ deren individuellen Lernbe- dürfnissen anpassen. KI-unterstützte Lernplattformen und intelligente Assis- tenzsysteme können die spezifischen Bedürfnisse der Studierenden erfassen, sich auf deren Lernziele, -strategien, -organisation und -fortschritte fokussie- ren und mit Vorschlägen den weiteren Lernprozess, aber auch die Selbstregu- lation in allen Studienphasen individuell unterstützen. Dafür kommen Methoden wie Learning Analytics und Academic Analytics, aber auch z.B. wissensbasierte Expertensysteme und maschinelles Ler- nen zum Einsatz. | C L A U D I A D E W I T T | Die Digitalisierung bietet neue Chancen für die Lehre. Studierende können individueller gefördert und aktiv in die Gestaltung der Kurse eingebunden werden. Voraussetzung ist, dass die Lehr- und Lernformate passend eingesetzt und akzeptiert werden. A U T O R I N Claudia deWitt ist Professorin für Bil- dungstheorie und Medienpädagogik an der FernUniversität in Hagen. »Digitale Formate können den weiteren Lernprozess individuell unterstützen.« Foto: Bernd Müller, FernUni

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