Forschung & Lehre 9/2019
schung & Lehre 2/2018, S. 18) sind „in der Regel Rohdaten“ gemeint (so Leitli- nie 17), die „in der Regel“ für einen Zehn-Jahres-Zeitraum „in der Einrich- tung, wo sie entstanden sind“ oder in „standortübergreifenden Repositorien“ zugänglich sein müssen (Leitlinie 17); kürzere Fristen sind ausnahmsweise möglich. Gerade hier sollten die DFG- Mitglieder mit Blick auf die für ihre Einrichtung prägenden Fächerkulturen und die durchgeführten Forschungspro- jekte spezifische Regeln vorsehen. Publikation und Autorschaft Die Leitlinien 13 bis 15 befassen sich mit den As- pekten der Publikation bzw. des Publikationsor- gans, ein Begriff, der sehr weit verstanden wird. Die Freiheit der Wahl des Publikationsor- gans wird betont (aber auch die Verant- wortung, dessen Seriosität zu prüfen, Leitlinie 15). Ob bzw. zu welchem Zeit- punkt etwas veröffentlicht wird, darf nicht von wissenschaftsexternen Dritten abhängen (etwa Auftraggebern aus Po- litik oder Wirtschaft), sondern muss von den Forschenden „in eigener Ver- antwortung“ (Leitlinie 13) entschieden werden. „Im Einzelfall kann es aber Gründe geben“ (Leitlinie 13), Ergebnis- se nicht öffentlich zugänglich zu ma- chen. Das kann indes, wie der zurück- haltende Wortlaut verdeutlicht („Ein- zelfall“), nicht die Regel sein. Ansonsten wären fachöffentliche Kommu- nikation und Kritik – Essentialia freier Wis- senschaft – am Ende. Leitlinie 14 befasst sich mit der Autor- schaft. Der Vergleich mit den Empfehlungen 11 und 12 der bisher maßgeblichen DFG-Denkschrift lässt einige Änderungen erkennen. Nunmehr ist von einem „genuinen, nachvollziehbaren Beitrag“ die Rede; die Formulierung in der bislang maß- geblichen Denkschrift („wesentlicher“ Beitrag) wird variiert. Dies wird durch einige Beispiele illustriert, die nur alter- nativ zur Autorschaft führen sollen („oder“). Das erscheint sehr weitrei- chend, zumal andernorts auf das „und“ Wert gelegt wird (zum Beispiel in der bisher maßgeblichen Denkschrift), also darauf, dass erst mehrere Elemente zur Autorschaft führen (siehe etwa auch die Empfehlungen des „International Committee of Medical Journal Editors“, www.icmje.org ). Dem widerspricht Leit- linie 14 bei genauerem Hinsehen nicht: Sie verlangt die fachspezifische Prüfung des Einzelfalls und hält die exempla- risch genannten Tätigkeiten nicht für abschließend. Diese haben überdies nur dann auktoriale Qualität, wenn sie „in wissenschaftserheblicher Weise“ ei- nen Beitrag liefern. Entscheidend kommt es je nach Fachkultur und De- sign des Forschungsprojekts darauf an, ob der in Rede stehende Beitrag den wissenschaftlichen Erkenntnisprozess nur unterstützend ermöglicht oder selbst bewirkt (erkenntnisermöglichen- der oder erkenntnisprozessierender Bei- trag). Auch dies wird auf Ebene 3 des Kodex zu präzisieren sein. Ombudspersonen Regeln sind nur so effektiv, wie ihre Durchsetzung real gewährleistet ist. Leitlinie 6 stärkt die Rolle der Om- budspersonen (der in der bisher maß- geblichen Denkschrift noch verwendete Begriff der Vertrauensperson wird auf- gegeben). Sie befassen sich vor Ort mit „lösungsorientierter Konfliktvermitt- lung“ (Leitlinie 6, siehe auch die Prä- ambel). Diese Aufgabe macht Arbeit. Deshalb müssen die Einrichtungen (so Leitlinie 6) „Maßnahmen zur ander- weitigen Entlastung der Ombudsperso- nen“ vorsehen, zum Beispiel Reduktio- nen des Lehrdeputats. Auf die Rolle des von der DFG eingesetzten überre- gionalen Gremiums „Ombudsman für die Wissenschaft“ (https://ombudsman- fuer-die-wissenschaft.de ), das ergänzend zu den Ombudspersonen vor Ort berät, unterstützt und vermittelt, wird im Ko- dex (Präambel, Leitlinien 6 und 18) wiederholt hingewiesen (in der neuen Verfahrensordnung der DFG spielt das Gremium immerhin eine Nebenrolle). Die DFG-Mitglieder sind verpflich- tet, das Verfahren zur Aufklärung wis- senschaftlichen Fehlverhaltens hinrei- chend transparent zu regeln; sie müssen insbesondere auf eine zeitnahe Durch- führung des Verfahrens achten (Leitlinie 19). Die DFG-Mitglieder sollten die Gelegenheit nutzen, die in den meisten Einrichtungen umgesetzten Empfehlun- gen der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) zur Verfahrensgestaltung aus dem Jahre 1998, die auf Empfehlungen der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) beruhen, im Lichte des Kodex weiter- zuentwickeln. Ein wichtiger As- pekt des Verfahrens sind (anonyme) Hin- weise auf (vermeintli- ches) wissenschaftliches Fehlverhalten („whist- leblowing“). Dass es zu Falschanschuldigungen kommen kann, hat die Verleihung des Leibniz-Preises 2017 gezeigt; eine Preisträgerin wurde zu Unrecht verdächtigt. Leitlinie 18 be- tont die Bedeutung des „Grundgedan- kens der Unschuldsvermutung“ und weist darauf hin, dass bewusst unrichti- ge oder mutwillig erhobene Vorwürfe ein wissenschaftliches Fehlverhalten darstellen. Der Kodex verzichtet darauf, die strafrechtlichen Risiken überdeutlich zu betonen. Andernfalls würden wo- möglich jene, die in gutem Glauben handeln, abgeschreckt, ohne aber die zu erreichen, die aus Neid, Missgunst oder anderen destrukti- ven Motiven sowieso zu allem bereit sind. (Ano- nyme) Hinweise sind nö- tig, solange (mutmaßli- che) Verstöße gegen die Regeln der GWP, insbe- sondere Machtmiss- brauch unter dem Deck- mantel wissenschaftlicher Erkenntnis- suche, von den Einrichtungen nicht (zügig genug) aufgeklärt werden ( Rixen , Laborjournal 7-8/2018, S. 30-34). Die Tragfähigkeit der Vorwürfe ist streng zu prüfen, damit Versuche der character assassination durch Fehlanschuldigun- gen keine Chance haben. Der Kodex „Leitlinien zur Sicherung guter wis- senschaftlicher Praxis“ ist verfügbar unter: www.dfg.de/download/pdf/foerderung/rechtli che_rahmenbedingungen/gute_wissenschaftli che_praxis/kodex_gwp.pdf 820 D E U T S C H E F O R S C H U N G S G E M E I N S C H A F T Forschung & Lehre 9|19 »Ob und zu welchem Zeitpunkt etwas veröf- fentlicht wird, muss von den Forschenden ›in eigener Verantwortung‹ entschieden werden.« »Die DFG-Mitglieder sind verpflichtet, das Verfahren zur Aufklärung wissenschaftlichen Fehlverhaltens hinreichend transparent zu regeln.«
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