Forschung & Lehre 9/2019

832 B Ü C H E R Forschung & Lehre 9|19 Lesen und lesen lassen boten werden. Die Plagiats- und Ghost- writing-Praxis müsse aufgedeckt werden. Der Bologna-Prozess müsse ebenso auf den Prüfstand wie das milliardenver- schlingende Akkreditierungsprocedere usw. Hans Peter Klein: Abitur und Bachelor – wie ein Land seine Zukunft verspielt. Verlag zu Klampen 2019, 20,- € . Josef Kraus,1987 bis 2017 Präsident des Deutschen Lehrerverbands Kerngeschäft M it Kritik am derzeitigen Schul- system spart Jürgen Kaube, He- rausgeber der FAZ, nicht. Die Verlo- genheit der Kompetenzorientierung, die allseits geforderte Digitalisierung der Schulen oder die Illusion einer Quali- tätssicherung durch zentralisierte Prü- fungen sind nur einige der Fehlent- wicklungen, die er hervorhebt. Demge- genüber zeichnet Kaube, selbst Vater zweier Töchter, ein Bild der Schule als „Ort der Einübung ins Nachdenken“. Das Denken setze Wissen voraus, das angeeignet und geübt und nicht nur kurzfristig gegoogelt werden müsse. Die Unterrichtsstoffe müssten so ge- wählt werden, dass sie sich als Quell von Fragen erweisen. Dabei bräuchten die Schulen auch Spielräume für eigene Schwerpunktsetzungen und mehr Au- tonomie. Die so häufig zu hörende Lehrerschelte findet sich in Kaubes Buch nicht. Stattdessen spricht er von einer „verrückten Überforderung“ der Lehrer, die gar nicht allen Ansprüchen gerecht werden könnten, und stellt Überlegungen zur Verbesserung der Lehrerbildung an. Schule müsse sich auf ihr Kerngeschäft besinnen, fordert Kaube, auf das, was in den Unterrichts- stunden geschieht. Wie das aussehen könnte, zeigt er in aller Deutlichkeit und liefert damit einen wichtigen Bei- trag für die aktuelle Schul- debatte. Jürgen Kaube: Ist die Schule zu blöd für unsere Kinder? Rowohlt Verlag 2019, 22,- € . Ina Lohaus Falsche Bildungspolitik H ans Peter Klein weiß, wovon er schreibt. Von 1977 bis 2001 war er Gymnasiallehrer, danach wurde er auf den Lehrstuhl für Didaktik der Bio- wissenschaften an der Johann-Wolf- gang-Goethe-Universität in Frankfurt berufen. Es treibt ihn um, wie Deutsch- land über eine falsche Bildungspolitik seine Zukunft verspielt. Nun hat Hans Peter Klein mit einem Buch – für man- che schmerzhaft – den Finger in die Wunde gelegt: „Abitur und Bachelor für alle – wie ein Land seine Zukunft ver- spielt“. Klein nimmt sich hier unter an- derem die Tatsache vor, dass immer mehr Abiturienten ins Studium drängen, ohne studierfähig zu sein. Gleichwohl tendieren die durch- schnittlichen Abiturnoten ganzer deut- scher Länder bald in Richtung 2,2 oder gar 2,0. Und: 35 bis 40 Prozent der Abi- turienten haben auf ihrem Abiturzeugnis eine „1“ vor der Kommanote stehen. Werden die Abituransprüche nach Jah- ren des Anspruchsdumpings etwa im Fach Mathematik tatsächlich einmal ei- ne Spur strenger, dann bricht unter der „Generation Schneeflocke“ via Inter- net-Petitionen eine kollektive Hysterie aus. Klein hält sich allerdings nicht beim Abitur auf. Als höchst bedenklich be- trachtet er die Inflation an Dissertatio- nen, Habilitationen, neu gegründeten Fachmagazinen und Plagiaten. Pro Jahr zählt Klein in Deutschland 30 000 Dis- sertationen, zu 95 Prozent mit „summa cum laude“ oder „magna cum laude“ bewertet. Üblich, so Klein, seien zudem Dissertationen von Autorenkollektiven sowie kumulative Dissertationen und Habilitationen. Was das mit Exzellenz oder mit der Leistung eines Einzelnen zu tun habe, fragt Klein nicht zu Un- recht. Klein präsentiert ein 15-Punkte-Pro- gramm, mit dessen Hilfe das deutsche Bildungswesen wieder anspruchsvoller werden könne. Um nur einige Punkte zu nennen: Der wahllosen Vermehrung von Studiengängen müsse Einhalt ge- B Ü C H E R Ü B E R W I S S E N S C HA F T Klaus-Ferdinand Gärditz: Univer- sitäre Industriekooperation, Informationszugang und Frei- heit der Wissenschaft Beiheft 25 zur Zeitschrift „Wissen- schaftsrecht”. Verlag Mohr Sie- beck 2019, 34,- € (für Bezieher der Zeitschrift „Wissenschafts- recht”. Professor Gärditz hat eine rechts- praktische Anleitung verfasst, worauf Hochschulen und private Förderer bei Forschungskoopera- tionen achten müssen und wie die notwendigeTransparenz not- falls durchgesetzt werden kann. SeinText ist zugleich ein Plädoyer für dieWissenschaftsfreiheit. DAAD/DZHW (Hg.): Wissen- schaft weltoffen 2019 Daten und Fakten zur Internatio- nalität von Studium und For- schung in Deutschland. wbv 2019, digitale Ausgabe kostenfrei bei wbv.de/openaccess , Druckaus- gabe 29,90 € . Status quo und Entwicklung der Internationalität im deutschen Hochschul- undWissenschaftsbe- reich sowie in besonders relevan- ten Ländern stehen im Mittel- punkt dieser jährlich erscheinen- den Studie. Schwerpunktthema der Ausgabe 2019 sind die Motive und Erfahrungen internationaler Studierender in Deutschland. Lukas Mitterauer / Philipp Poh- lenz / Susan Harris-Huemmert (Hg.): Systeme im Wandel Hochschulen auf neuenWegen. Waxmann Verlag 2019, 29,90 € . Angesichts zahlreicher Verände- rungen an den Hochschulen, wie z.B. die wachsende studentische Heterogenität oder die Digitalisie- rung der Lehre, stehen auch die Qualitätsmanagementsysteme der Hochschulen vor vielfältigen Herausforderungen. Die Autoren und Autorinnen zeigen Möglich- keiten auf, wie das Qualitätsma- nagement weiterentwickelt wer- den kann.

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