662 GLOBAL HEALTH Forschung & Lehre 9|23 Partnerschaftlich international handeln Die Rolle der nationalen Public-Health-Institute als zentrale Akteure Die Covid-19-Pandemie hat dramatisch verdeutlicht, wie sehr der nationale Gesundheitsschutz mit dem Schutz internationaler Gesundheit verbunden ist. Diese Vernetzung hat auf nationaler Ebene, zum Beispiel in Deutschland, konkrete Auswirkungen auf die Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit. Der Gesundheitsschutz ist nicht nur auf das „eigene“ nationale System der öffentlichen Gesundheit angewiesen, sondern eben auch auf die Systeme in anderen Ländern auf der ganzen Welt. Vor dem Hintergrund dieser gegenseitigen Abhängigkeit sind Kooperationen und Partnerschaften zwischen nationalen Akteuren, aber auch multilateralen Akteuren wie den Vereinten Nationen und deren Organisationen, z.B. der Weltgesundheitsorganisation (WHO), unabdingbar. Dabei ist die enge Zusammenarbeit wesentlich, um Vertrauen aufzubauen, das im Falle einer Krise gemeinsames Handeln ermöglicht. Hier sind nationale Public-Health-Institute – wie das Robert Koch-Institut (RKI) in Deutschland – wichtige Akteure. Erreger früh erkennen – Maßnahmen schnell einleiten Das frühzeitige Erkennen von Fällen übertragbarer Erkrankungen mit dem Ziel, die Weiterverbreitung von Infektionen zu verhindern, ist ein wesentlicher Teil der Pandemievorsorge und von Global Health. Im Idealfall führt die Früherkennung dazu, Ausbrüche zeitig einzudämmen und so künftige Pandemien zu vermeiden. In vielen Ländern, besonders denen mit mittlerem und geringerem Einkommen, bedeutet das ganz konkret, dass z.B. Laborkapazitäten zur zeitgerechten Diagnose von Erregern gestärkt werden müssen. Hier sprechen wir sowohl von einer Stärkung der Personalkapazitäten in öffentlicher Gesundheit, wie auch von der Schaffung materieller Voraussetzungen. Bei der Früherkennung von übertragbaren Erkrankungen ist z.B. die Gensequenzierung mit der Möglichkeit, frühzeitig neue Erregervarianten zu erkennen, ebenso wichtig wie Routineüberwachungssysteme von meldepflichtigen und neuartigen Erkrankungen. Sowohl bei der Diagnostik, als auch bei der Überwachung und zeitnahen Datenauswertung nehmen nationale Public-Health-Systeme eine ganz wesentliche Rolle ein. Um auf Ausbrüche von Infektionskrankheiten so schnell wie nötig reagieren zu können, müssen zudem lokale, regionale und globale Krisenreaktionskapazitäten weiter gestärkt bzw. ausgebaut werden. Hier gibt es bereits erfolgreiche Programme wie das Global Outbreak Alert und Response Network der WHO. Auch die WHO-Initiative der Emergency Medical Teams unterstützt nationale Gesundheitssysteme weltweit dabei, Krisenreaktionsstrukturen zu aktivieren und Maßnahmen umzusetzen. Beide Netzwerke ermöglichen es, im Krisenfall Expertinnen und Experten schnell überall auf der Welt zu entsenden, und stellen damit ein Beispiel für einen globalen Hilfsmechanismus und die Zusammenarbeit auf internationaler Ebene dar. Neben nationalen Public-HealthInstituten spielen zunehmend auch supranationale Ansätze eine Rolle; so gibt es für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union das European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) und auf dem afrikanischen Kontinent das Africa CDC. Diese regionalen Organisationen ermöglichen nicht nur gegenseitiges Lernen, Austausch und Unterstützung, sondern werden auch durch ihren regionalen Ansatz über nationale Strukturen hinweg eher dem Verlauf von Ausbrüchen gerecht. Trotz der großen Wichtigkeit nationaler und globaler Strukturen in der Pandemievorsorge und Krisenreaktion, ist eine Umsetzung von Gesundheitsmaßnahmen immer an die Bevölkerung an sich und ihr Vertrauen in nationale und globale Institutionen gebunden. Da es die lokale Bevölkerung ist, die schlussendlich die Interventionen mitumsetzt, sind die Kommunikation und Akzeptanz von Handlungs- | JOHANNA HANEFELD | SOPHIE MÜLLER | Globale Gesundheit ist eine interdisziplinäre Herausforderung – für die Forschung, vor allem aber in der Praxis. Worauf kommt es bei der nationalen und internationalen Zusammenarbeit an? Wie greifen Global Health und One Health ineinander? AUTORINNEN ProfessorinJohanna Hanefeldleitet das Zentrum für Internationalen Gesundheitsschutz am Robert Koch-Institut. Dr. Sophie Müller ist Wissenschaftlerin in der Geschäftsstelle des Zentrums für Internationalen Gesundheitsschutz am Robert KochInstitut. Foto: Global Health Hub Germany /Thomas Ecke Foto: RKI
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