Forschung & Lehre 09/2023

9|23 Forschung & Lehre DIVERSITÄT 675 größten deutschen Unternehmen. Über den Frauenanteil hinaus gibt es nur wenige Informationen zu Vielfalt in den Universitätsleitungen. Fokussierung auf bestimmte Gruppen Das betrifft nicht nur die Universitätsleitungen. Die Betrachtung von Vielfalt ist oft begrenzt. Aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen achten die Universitäten merklich auf die Gleichstellung von Frauen und von Menschen mit Behinderungen. Seltener jedoch stehen andere Aspekte wie zum Beispiel sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität oder soziale Herkunft im Fokus. Auch das Alter hat wenig Relevanz, obwohl sich das Alter von Beschäftigten an Universitäten stark unterscheidet. Durch den begrenzten Fokus auf ein oder zwei Vielfaltsdimensionen fehlen die Perspektiven anderer unterrepräsentierter Gruppen. Es bedarf zum einen der Wahrnehmung in der Universitätsleitung, dass Diversität mehr umfasst als Gender und Behinderungen oder Internationalität. Zum anderen braucht es eine quantitative Annäherung, um einen Überblick zu bekommen, wie divers die Universitäten sind und was die unterschiedlichen unterrepräsentierten Gruppen in Bezug auf Chancengerechtigkeit, Inklusion und Zugehörigkeit benötigen. Strukturelle Verankerung erforderlich Über 90 Prozent der betrachteten Universitäten haben ein Diversitätskonzept verabschiedet oder stehen kurz davor. Einige Universitäten haben das Diversitätskonzept in den allgemeinen Hochschulentwicklungsplan, andere in das Gleichstellungskonzept integriert. Alleinstehend sind die Konzepte sehr viel umfangreicher und enthalten mehr konkrete Anhaltspunkte für die Umsetzung der definierten Ziele. Oftmals wird außerdem unterschätzt, dass die Umsetzung festgelegter Vorhaben eines umfassenden Transformationsprozesses bedarf. Die Mehrheit der Universitäten gab an, dass es ihnen an Zeit, finanziellen Ressourcen und Personal fehle, um Chancengerechtigkeit sowie ein inklusives Arbeits- und Studienumfeld zu etablieren. Bis 2021 wurde bei knapp der Hälfte der betrachteten Universitäten das Thema Vielfalt entweder in die Organisationseinheit für Gleichstellungsarbeit integriert oder in einem Netzwerk organisiert. Klare Verantwortlichkeiten fehlten. Das hat sich inzwischen verändert. Immer mehr Universitäten verankern das Thema Diversität in einer eigenständigen Organisationseinheit. Schwierig bleibt eine klare Zuordnung der personellen Ressourcen zur Umsetzung der Diversitätsstrategien und eine Abgrenzung zu weiteren Tätigkeiten ohne Diversitätsbezug. Drei Viertel der betrachteten Universitäten benennen eine verantwortliche Person für Vielfalt auf ihrer Website, aber nur ein knappes Drittel gibt an, dass sich die verantwortliche Person diesem Thema in Vollzeit widmen kann. Andererseits haben seit 2021 etwa ein Drittel der betrachteten Universitäten ein Prorektorat beziehungsweise Vizepräsidium geschaffen und damit die Verantwortlichkeit zur Förderung von Vielfalt und Diversität in der Leitung verankert – ein entscheidender Erfolgsfaktor und eine Beschleunigung für den Transformationsprozess. Die Analyse der Studienergebnisse verdeutlicht, dass deutsche Universitäten vor der Herausforderung stehen, die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel strategiegeleitet und effizient einzusetzen, damit der Transformationsprozess hin zu mehr Diversität, Chancengerechtigkeit sowie einem inklusiven Arbeits- und Studienumfeld gelingt. Mit unserer Studie beleuchten wir Entwicklungspotenziale und möchten damit die Universitätsleitungen bekräftigen, ihr Engagement im Transformationsprozess strategiegeleitet zu intensivieren. Diese Potenziale sind: Ganzheitliches Verständnis von Viel- ! falt kultivieren: weitere DiversitätsDimensionen mit in den strategischen Diskurs aufnehmen, die über die gesetzlich vorgeschriebenen Dimensionen Gender und Behinderungen hinausgehen. Zusätzlich das Bewusstsein für weitere Diversitätsdimensionen schärfen durch Aktionstage für zum Beispiel „soziale Herkunft“, an denen sich Organisationen wie Arbeiterkind e.V. vorstellen können; Verantwortlichkeit für den Transfor- ! mationsprozess in der Universitätsleitung verankern: Beispielsweise durch ein Prorektorat beziehungsweise Vizepräsidium für Diversität, Chancengerechtigkeit und Inklusion; Umfangreiche finanzielle ! und personelle Ressourcen für die Umsetzung von Diversitätszielen bereitstellen: Ein guter Start wäre, eine verantwortliche Person mit Erfahrung im Diversity Management einzustellen, die sich in Vollzeit dem Thema widmen kann und Budgetverantwortung sowie Entscheidungsbefugnis hat; Systematisches Datenmanagement ! einführen: 1. Auswertung von existierenden Daten, zum Beispiel zum Gender-Pay-Gap, 2. Freiwillige Erhebung von Informationen zu weiteren Diversitäts-Dimensionen, etwa über eine anonyme Befragung mit Möglichkeit zur Selbstidentifikation; Interne Kommunikation zur Bedeu- ! tung von Diversität, Chancengerechtigkeit und Inklusion verstärken: die Universitätsangehörigen über die internen Kanäle regelmäßig über die Fördermaßnahmen und strategischen Überlegungen zu diesen Themen informieren. Den vollständigen Report erreichen Sie über nebenstehenden QR-Code oder per Link: https://shorturl.at/hrsJP Report: Universität und Diversität – Status Quo »Oftmals wird unterschätzt, dass die Umsetzung festgelegter Vorhaben eines umfassenden Transformationsprozesses bedarf.«

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