Forschung & Lehre 09/2023

690 KARRIERE-PRAXIS Forschung & Lehre 9|23 Mit der Schaffung der Juniorprofessur sollte durch die frühere Selbstständigkeit von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern nicht weniger als die internationale Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Wissenschaftssystems wiederhergestellt werden. Eine Kommission des Bundesforschungsministeriums aus Expertinnen und Experten, die Deutsche Forschungsgemeinschaft und der Wissenschaftsrat hatten zuvor eine grundlegende Veränderung des deutschen Hochschuldienstrechts gefordert. Auch der Widerspruch zwischen den Verhältnissen an deutschen Universitäten und den Gegebenheiten in anderen gesellschaftlichen Bereichen, in denen akademisch ausgebildete Nachwuchskräfte üblicherweise schon mit Ende 20 volle berufliche Verantwortung übernehmen, sollte nach dem gesetzgeberischen Willen aufgelöst werden. Forderungen, die schon damals aktueller nicht sein konnten. Juniorprofessur versus Habilitation Gut 30 Monate nach ihrer Einführung stand die Idee der Juniorprofessur als möglicher alleiniger Karriereweg auf eine Lebenszeitprofessur an einer deutschen Universität erstmals an einem Scheideweg. Auf die Initiative der drei Freistaaten Thüringen, Bayern und Sachsen hin erteilte das Bundesverfassungsgericht der Ablösung der Habilitation als traditionellem Karriereweg zur Universitätsprofessur durch die Juniorprofessur eine klare Absage. Die Länder hatten eine Verletzung ihrer Rechte durch das faktische Habilitationsverbot, das der Bundesgesetzgeber ihnen mit der 5. Novelle zum Hochschulrahmengesetz auferlegt hatte, gerügt und von den Karlsruher Richterinnen und Richtern Recht bekommen. Seitdem stehen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in einer früheren Karrierephase in Deutschland unterschiedliche Wege zu einer Lebenszeitprofessur offen. Die damalige Bundeswissenschaftsministerin Edelgard Bulmahn zog etwa ein Jahr nach der wegweisenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ein positives Zwischenfazit und resümierte, die Juniorprofessur etabliere sich in Deutschland als Erfolgsmodell. In den ersten drei Jahren waren etwas mehr als 1 000 Juniorprofessuren ausgeschrieben worden. Die folgenden Jahre zeigten, gerade die Vielfalt an Karrierewegen schien zielführend zu sein. Im Vorjahr des zwanzigsten Jubiläums der Juniorprofessur gab es an deutschen Universitäten etwa 1 700 Juniorprofessuren, während sich im selben Jahr etwa 1 600 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler habilitierten. Auch das Erbringen der für die Berufung auf eine Lebenszeitprofessur erforderlichen zusätzlichen wissenschaftlichen Leistungen im Rahmen einer wissenschaftlichen Beschäftigung an einer Hochschule oder Forschungseinrichtung, z.B. als Nachwuchsgruppenleiterin oder Nachwuchsgruppenleiter oder in der Industrie, ist in vielen Fächern ein erfolgversprechender Karriereweg. Heute spielt also nicht zuletzt die Kultur in den unterschiedlichen Fächern und Disziplinen eine gewichtige Rolle bei der Wahl des individuellen Karrierewegs. Rechtliche Fragen Immer wieder stellten sich im Laufe der Jahre auch rechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Juniorprofessur, die auch im 21. Jahr nach der Einführung (noch) nicht alle abschließend geklärt sind. Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren durchlaufen innerhalb von sechs Jahren zwei Phasen. In vielen Bundesländern teilt sich die Juniorprofessur in zwei gleich lange Dreijahresphasen auf, in einigen Bundesländern in eine etwas längere vierjährige erste Phase und eine kürzere zweite. In jedem Fall steht am Ende der ersten Phase eine Evaluation. Unstreitig dürfte inzwischen in allen Fällen das Ergebnis der erfolgreich absolvierten Zwischenevaluation als Äquivalent zur Habilitation anerkannt sein. Spätestens nach der erfolgreichen Zwischenevaluation, die auch Bewährungsevaluation genannt wird, sind Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren also regelmäßig auf eine Lebenszeitprofessur berufbar. In der zweiten Phase sollen sie sich um Lebenszeitprofessuren bewerben können. Interessant ist, dass trotz des Gewichts der Zwischenevaluation für die wissenschaftliche Karriere der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an nicht wenigen Universitäten die genauen Inhalte und das Verfahren zur Ausgestaltung der Zwischenevaluation im Einzelnen teilweise auch nach vielen Erfolgsmodell Juniorprofessur? Rück- und Ausblick auf einen noch jungen Karriereweg an Universitäten | KATHARINA LEMKE | Im vergangenen Jahr beging die Juniorprofessur in Deutschland ihr 20. Jubiläum. Schon in den ersten Jahren nach seiner Einführung passierte dieser noch verhältnismäßig junge Karriereweg auf eine Lebenszeitprofessur an deutschen Universitäten einige wichtige Wegmarken. Ein Blick zurück und auch nach vorn. AUTOR IN Katharina Lemke ist Syndikusrechtsanwältin, Justitiarin im Deutschen Hochschulverband und DHV-Geschäftsführerin Mecklenburg-Vorpommern. Foto: Nils Bergengruen/DHV

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