Forschung & Lehre 11|23 830 HOCHSCHULFINANZIERUNG in denen die Reagibilität der Lehrindikatoren ausgeprägter war. Politisch stand im Bereich der Lehre ohnehin die Erhöhung der Zahl an Studienanfängerinnen und -anfänger im Fokus - aufgrund der Umstellung auf G8, aber auch mit Blick auf den Fachkräftebedarf meines Erachtens unausweichlich. Zusammenfassend stellt sich daher die Frage, ob es überhaupt einen Indikator gibt, der im Hinblick auf die Messung von Qualität von Forschung oder Lehre über jeden Zweifel erhaben ist – das „Richtige“, also Qualität (!), zu messen. Das gilt auch – und vielleicht sogar insbesondere – für den Indikator Drittmittel. Er ist antragsbasiert, das heißt auf seiner Basis wird Geld ausschließlich auf Basis von Anträgen vergeben. Der Antrag muss gut geschrieben sein, die „Antragslyrik“ muss von den Gutachtenden für gut befunden werden. Ob daraus dann auch gute Forschung, mit guten Ergebnissen und hochwertigen Publikationen wird, ist nachrangig. Soweit ich das richtig erinnere, war die sogenannte Imboden-Kommission, die die erste Runde der Exzellenzinitiative evaluiert hat, nicht gerade voll des uneingeschränkten Lobes. Die Entscheidung über die Fortsetzung war aber im politisch-administrativen Raum bereits im Vorhinein getroffenworden. Was die Wirksamkeit oder Qualitätsorientierung dieser Art von „Antragswettbewerb“ angeht, ist auch zu bedenken, dass die Gefahr besteht, dass die Anforderungen ins Unermessliche steigen – womit das Thema Transaktionskosten weiter an Bedeutung gewinnt. Gleiches gilt dahingehend, dass aufgrund des hohen Drucks, Drittmittel einzuwerben, immer möglichst alle Gelegenheiten genutzt werden müssen, Anträge zu schreiben – und gegebenenfalls Bekanntmachungen sichtende und qualitätssichernde Gremien institutionalisiert werden. Dies ist ein Ausdruck von Professionalität, keine Frage – aber trägt sie dazu bei, die Qualität der Forschung zu steigern? Kurzum: Es gibt große Zweifel, ob die Veränderungen der letzten Jahrzehnte dazu beigetragen haben, den Standort Deutschland in Lehre und (hochschulischer) Forschung voranzubringen – oder gar wieder näher an die Weltspitze heranzubringen. Wenn mich der Eindruck nicht täuscht, dann ist derzeit eher das Gegenteil der Fall und Deutschland verliert im internationalen Wettbewerb in der Forschung an Profil und Bedeutung. Und dies liegt wahrscheinlich nicht nur daran, dass China und einige andere Länder stark aufgeholt haben, sondern auch daran, dass die verschiedenen Parameter ungenau gesetzt wurden. Deutlich schwerer noch ist die Qualität in der Lehre zu messen. Jenseits der Frage, wie viele Akademikerinnen und Akademiker wir in Zukunft brauchen – und die Hochschulen deshalb weiter ausgebaut werden müssten (!) –, wären (langfristige) Relevanz der erworbenen Qualifikationen und (meines Erachtens wichtiger) Kompetenzen ein spannender Gradmesser. Aber wie soll man diese messen? Was bedeutet das für die Zukunft? Ein Schritt in Richtung nachfrageorientierte Finanzierung wären ECTS-basierte Bildungsgutscheine: Die Studierenden erhalten etwa für ein Bachelorstudium Gutscheine im Umfang von 180 + x ECTS-Punkten, die dann entsprechend der ECTS des jeweiligen Moduls eingelöst werden. Um Verzerrungen zu vermeiden, müsste der Gesamtwert der Gutscheine den Kosten je Studierenden für den Studiengang entsprechen. Vereinfacht: Belaufen sich die Kosten je Studierenden auf 45 000 Euro, hat jeder ECTS-Punkt einen Wert von 250 Euro. Schwieriger ist ein tragfähigeres (Finanzierungs-)Konzept für die Forschung. Um ehrlich zu sein, habe ich „aus dem Stehgreif“ auch nicht die passende Lösung, um diese kritische Sicht auf den Ist-Zustand in ein tragfähigeres (Finanzierungs-)Konzept zu überführen. In anderen Bereichen „sozialer Dienstleistungen“ wird über eine weitgehende Rückkehr zur input- bzw. „belastungs“- orientierten (Angebots-)Finanzierung nachgedacht, und auch erprobt. Für den, auch aus demografischen Gründen wachsenden Fachkräftemangel muss die Zahl der Studienanfängerinnen und -anfänger bzw. Studierenden weiter steigen, um den Ersatz- und zusätzlichen Einstellungsbedarf von Wirtschaft und Verwaltung zu decken. Parallel dazu wird sich der Wettbewerb um hochqualifizierte und kompetente Mitarbeiter und Hochschulabsolventen weiter verschärfen. Potenzielle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden ihre Marktmacht ausnutzen können und Arbeitgeber im sich weiter verstärkenden Wettbewerb attraktive Arbeitsbedingungen bieten müssen, wenn sie die „besten Köpfe“ bekommen wollen. Dies betrifft neben einem angemessenen und leistungsorientierten Gehalt auch Arbeitszeit und allgemeine Beschäftigungsbedingungen. Wer nur befristete Beschäftigung bei – promotionsbedingt – oft halbiertem oder 60prozentigem Gehalt bietet, wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ins Hintertreffen geraten. Dies gefährdet nicht nur die Qualität von Forschung und Innovation, sondern auch den Bedarf von Wirtschaft und Gesellschaft nach hochqualifizierten Fachkräften. Es braucht somit aus zwei zentralen Gründen eine andere Hochschulfinanzierung: zur Steigerung der Qualität von Forschung, Innovation und Lehre sowie der Attraktivität der Hochschulen als Arbeitgeber. Abbildung: Entwicklung der Hochschuleinnahmen in Deutschland (1995-2020) ’ XA’’’ c’A’’’ cXA’’’ `’A’’’ `XA’’’ ]’A’’’ ]XA’’’ Z’A’’’ ZXA’’’ cOOX `’’’ `’’X `’c’ `’cX `’`’ Htؤ¤Ø? ¨Ó´B¦´Ø›ØÜÕ t ÖØ àt×´à™Ó™ÚØ› ŒžÜÕ™ÜÕt¤×Ó à k™—à—Ó™—Ó¦ÚØ™B—à—Ó™—Ó™ÜÕØ ´t Úؙؙࢗ Œ±ÕØÚØ›«Ó àÕ¢Ø Ó ~ÓžA «t›ž €ØÕ›Øv›Órà—Ø› Bئ—ž› €Ø՛شt Ú €ØÕ›ØBÓ—k¤à Ú ¨t«v›Órà—Ø› Bئ—ž› ¨t«¶t™¤à Ú ¨t«´¶/ Bž ™—A±××A´Ø›ØÓÜÕ ¨t«ŽØ¢ØÓ ÚØ ¨t«´t Ú ¨t«¶ Ú؛؀E ÚØ› ¨t«BÓ—k¤à Ú ¨t«-¨ŽgÓ ¦¤A 0t™Ø—kt Öe « —pÓܦ¤t ÖÚØ› ŒžÜÕ™ÜÕt¤ØÓ àÕ¢Ø Ó -Øt—™ÜÕ¤à Ú àÜÕ¶t×ÖàÞØ ÞØ›ØÓÜÕØ t Ú¨Ó à kÓØ›™gc gcOOX¦`’`’> žÕ Ø ¶t×Ö ‚›à ¦Ø ÞØÕà Ú¤t Ö> Ó ~ÓžA «t›že
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