871 11|23 Forschung & Lehre KARRIEREPRAXIS pen Kooperation die soziale Norm ist – und eben nicht Trittbrettfahrerverhalten. Da auch vielen Menschen daran liegt, in ihrem Umfeld einen guten Eindruck zu hinterlassen, erhöht sich die Kooperationsbereitschaft zusätzlich, wenn viele andere kooperieren, weil man sonst in seinem Umfeld einen schlechten Eindruck hinterlassen würde. Konditionale Kooperation bedeutet zum anderen, dass Menschen bereit sind zu kooperieren, wenn sie erwarten, dass andere das auch tun. Um im Beispiel der Parabel zu sprechen. Vielleicht haben alle Hochzeitsgäste erwartet, dass alle anderen nur Wasser in das Fass schütten, und deswegen wollte niemand der Dumme sein und als einziger Wein mitbringen. Hätten alle erwartet, dass alle anderen Wein in das Fass gießen, hätten sie vermutlich auch Wein mitgebracht. Das legen zumindest alle Studien zur konditionalen Kooperationsbereitschaft von Menschen nahe. Die Erwartungshaltung hat deshalb einen entscheidenden Einfluss auf gelingendes Miteinander in Gruppen. Darum sollten insbesondere Führungskräfte die Erwartungen an das gegenseitige Miteinander (anstatt Gegeneinander) gut und transparent managen. Rolle der Vorgesetzten Neben der konditionalen Kooperation gibt es einen zweiten wesentlichen Faktor, der für das Kooperationsniveau in Gruppen bedeutend ist. Mahatma Gandhi hat diesen Faktor mit einfachen Worten ganz wunderbar beschrieben: „Wir selbst müssen den Wandel vorleben, den wir von der Welt erwarten.“ Kooperation in Gruppen ist substanziell höher, wenn eines oder mehrere Gruppenmitglieder mit gutem Beispiel vorangehen. Andere Gruppenmitglieder passen sich an kooperatives Verhalten anderer häufig an. Eine besondere Rolle kommt dabei Vorgesetzten zu. Deren kooperatives Verhalten verursacht besonders starke Nachahmung, während egoistische Vorgesetzte, die Trittbrettfahrer sind, Kooperation zwar häufig erwarten, Teammitglieder dann aber so wenig wie möglich zum Teamerfolg beitragen. Führung funktioniert nur durch gutes Beispiel-Geben. Wenn jemand mit schlechtem Beispiel vorangeht, bricht Kooperation in Teams schnell vollkommen zusammen, weil sich niemand von Trittbrettfahrern ausnützen lassen will. Diese Einsichten zum Gelingen oder Misslingen von Kooperation gelten in allen Lebensbereichen, in Schulen, in Familien, in Unternehmen und natürlich auch in der Wissenschaft. LITERATUREMPFEHLUNG Sutter, Matthias (2023): Der menschliche Faktor oder worauf es im Berufsleben ankommt . 55 verhaltensökonomische Erkenntnisse . 2. Auflage, Hanser Verlag, München. https://www.hanser-fachbuch.de/fachbuch/ artikel/9783446478640 »Wenn jemand mit schlechtem Beispiel vorangeht, bricht Kooperation in Teams schnell vollkommen zusammen.« Foto: mauritius images / Imagebroker
RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=