Forschung & Lehre 12|23 928 BESOLDUNG Keine Leistungsbezüge ohne Leistung? Eine juristische Einordnung zweier Urteile zur W-Besoldung Zweimal an einem Tag entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über die W-Besoldung. Einmal geht es um Schleswig-Holstein, das andere Mal um Bremen. In dem einen Fall (Schleswig-Holstein) wird die WBesoldung als rechtens angesehen, in dem anderen (Bremen) legt das Bundesverwaltungsgericht den Fall dem Bundesverfassungsgericht vor, weil es der Auffassung ist, das in Bremen praktizierte Modell der Besoldung sei verfassungswidrig. Beide Entscheidungen widersprechen sich zumindest auf den ersten Blick. Wie konnte das passieren? Ausgangsbasis Gemeinsame Ausgangsbasis beider Entscheidungen ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 2012. Das Bundesverfassungsgericht hatte entschieden, die W-Besoldung sei nicht amtsangemessen ausgestaltet. In den Folgejahren führte dieser vom Deutschen Hochschulverband unterstützte Musterprozess in den Bundesländern zum Teil zu erheblichen Nachbesserungen der Grundgehälter. Die Grundgehälter in der Besoldungsgruppe W2 und größtenteils auch in der Besoldungsgruppe W3 wurden deutlich erhöht und attraktiver ausgestaltet, um dem Alimentationsprinzip Genüge zu tun. Nach diesem Grundprinzip des Beamtenbesoldungsrechts ist der Dienstherr oder die Dienstherrin verpflichtet, der Beamtin oder dem Beamten im aktiven Dienst und darüber hinaus einen dem Amt angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Im Zuge dieser Entwicklung gingen die beiden Bundesländer SchleswigHolstein und Bremen unterschiedliche Wege. Während Schleswig-Holstein die Grundgehälter spürbar erhöhte und diese Erhöhung mit bereits vorher gewährten (individuellen) Leistungsbezügen der Professorinnen und Professoren „verrechnete“, wählte Bremen einen anderen Weg: Hier wurden die Grundgehaltssätze nicht erhöht, sondern allen Professorinnen und Professoren ein nicht weiter spezifizierter Leistungsbezug in Höhe von 600 Euro gewährt, der als „Mindest-Leistungsbezug“ bezeichnet wurde. Bereits vorher gewährte Leistungsbezüge wurden mit diesen 600 Euro „verrechnet“, will heißen: Vorhandene Leistungsbezüge traten nicht neben den bereits genannten „Mindest-Leistungsbezug“. Die hiergegen gerichtete Klage eines Bremer Professors blieb erst- und zweitinstanzlich erfolglos. Urteil zu Bremen Nun aber ist dieser Fall vom Bundesverwaltungsgericht dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt worden. Unter anderem führte das Bundesverwaltungsgericht in seinem Vorlagebeschluss folgendes aus: „Während die festen Grundgehaltssätze dem W2-Professor allein aufgrund seines Statusamtes ungeachtet seiner konkreten Leistungen zustehen, muss der hinzutretende flexible Besoldungsanteil unmittelbar von der individuellen Leistung des betreffenden Professors, etwa der Erzielung bestimmter Leistung in Forschung und Lehre abhängig sein. Zudem muss die der Vergabe leistungsbezogener Besoldungsbestandteile vorgeschaltete Bewertung der Leistung des Professors wissenschaftsadäquat ausgestaltet sein und in einem wissenschaftsadäquaten Verfahren erfolgen. Diese Vorgabe ist durch das System der Mindest-Leistungsbezüge in Höhe von ursprünglich 600 Euro/Monat nicht gewährleistet. Denn diese Leistungsbezüge werden solchen Professoren gewährt, die vor dem 01.01.2013 noch keine Leistungsbezüge …. In Höhe von 600 Euro bezogen haben. Die Feststellung einer individuellen Leistung ist nicht Voraussetzung für die Bewilligung der MindestLeistungsbezüge.“ Das Bundesverwaltungsgericht ist der Auffassung, dass Professorinnen und Professoren nicht pauschal ein Leistungsbezug gewährt werden könne, ohne dass | KATHARINA HELMIG | Das Bundesverwaltungsgericht hat über die Gesetzeslage zurW-Besoldung in Bremen und Schleswig-Holstein geurteilt. Eine wurde als rechtens bewertet, die andere als verfassungswidrig. Grund ist die unterschiedliche Ausgestaltung der gesetzlichen Regelungen. In der Sache selbst bestehen für die Professorinnen und Professoren der beiden Länder keine merklichen Unterschiede. Katharina Helmig, Syndikusrechtsanwältin, ist Justitiarin im Deutschen Hochschulverband und DHV-Landesgeschäftsführerin Bremen. AUTOR »In Bremen wurden die Grundgehaltssätze nicht erhöht, sondern ein nicht weiter spezifizierter Leistungsbezug gewährt.«
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