Forschung & Lehre 4|24 244 NACHRICHTEN Täglich aktuelle Nachrichten auf www.forschung-und-lehre.de Freiheit der Wissenschaft global ungleich verteilt Die Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg und die Universität Göteborg haben den diesjährigen Index der Wissenschaftsfreiheit (Academic Freedom Index, AFI) veröffentlicht. Der Bericht zeigt, dass die Wissenschaftsfreiheit durch das rechtliche Rahmenwerk, die Wissenschaftspolitik und die Reaktionen Forschender beeinflusst werden kann. Sie ist vor allem in Ländern mit starker gesellschaftlicher und politischer Polarisierung gefährdet und geht dort zurück. Dazu gehörten Russland, Ungarn, Indien, El Salvador, Hongkong und Venezuela. In Brasilien, Montenegro, Nordmazedonien und Thailand habe die Wissenschaftsfreiheit trotz Polarisierung dagegen zugenommen. Der AFI-Index kummuliert Daten von über 2 300 Expertinnen und Experten weltweit zu fünf Indikatoren: Freiheit der Forschung und Lehre, Freiheit des akademischen Austauschs und der Wissenschaftskommunikation, akademische und kulturelle Ausdrucksfreiheit, die institutionelle Autonomie, sowie Campus-Integrität. Der AFI erfasst rund 180 Länder und zeigt, dass Wissenschaftsfreiheit für fast die Hälfte der Weltbevölkerung (45 Prozent) keine Realität ist. Bei elf Prozent der Bevölkerung ist die Wissenschaftsfreiheit stark und bei weiteren acht Prozent etwas eingeschränkt. Nur 14 Prozent können auf absolute Wissenschaftsfreiheit bauen und 21 Prozent einigermaßen. Trotz negativer Gesamtbilanz habe sich die Wissenschaftsfreiheit in 56 Ländern verbessert und in 61 Ländern ein hohes Maß erreicht. In zehn Ländern habe die Wissenschaftsfreiheit im Jahr 2023 sogar anhaltend zugenommen. Laut FAU „eine positive Entwicklung, die zuletzt vor mehr als zwanzig Jahren eintrat.“ Deutschland zählt zusammen mit Schweden, Finnland, Italien, Spanien, Portugal, Costa Rica, Chile, Zypern, Barbados, Jamaica, Slowenien, Luxembourg, Honduras und Barbados zu den Ländern mit den höchsten AFI-Werten. Den allerhöchsten Wert hat laut Bericht Tschechien, gefolgt von Estland und Belgien. In 23 Ländern habe sich die Wissenschaftsfreiheit jedoch verschlechtert, in zehn davon maßgeblich. Dazu gehören auch Demokratien wie etwa die USA als bedeutender Wissenschaftsstandort. Weitere Länder aus dieser Gruppe sind Bangladesch, Indien und die Türkei. Schlusslichter insgesamt beim AFI bilden Nordkorea, Eritrea, Myanmar und Belarus sowie Saudi-Arabien, China, Vereinigte Arabische Emirate und der Iran. EFI empfiehlt Dual-Use und KI-Forschung zu stärken Die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) hat Anfang März ihren diesjährigen Jahresbericht veröffentlicht. Erstmals wurde er 2008 verfasst. Im Fokus auf den knapp 200 Berichtsseiten der sechsköpfigen Kommission stehen Künstliche Intelligenz (KI), soziale Innovationen, internationale Mobilität im Wissenschafts- und Innovationssystem und neue Technologien für eine nachhaltige Landwirtschaft. Die aktuelle Forschungs- und Innovationspolitik der Bundesregierung geht laut EFI-Gutachten in die richtige Richtung. „Es freut mich sehr, dass die EFI viele unserer Maßnahmen positiv bewertet“, sagt Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger. Ihr sei aber auch bewusst, dass „die Herausforderungen um uns herum nicht kleiner werden“. Kritik gab es etwa für die Bürokratie in der Wissenschaft sowie für Schwächen im Datenschutz, die den Fortschritt in der Forschung beeinträchtigten und der Anwendung von gewonnenen Erkenntnissen entgegenstünden. Auch im Bereich der KI hätten Deutschland und die EU massiven Aufholbedarf gegenüber China und den USA. Folglich sollte KI-Grundlagenforschung unterstützt, Rechenkapazitäten geschaffen und Datengrundlagen verbessert sowie die Verbreitung von Open-Source-KI gefördert werden. (Kurz nach dem EFIGutachten verabschiedete das EU-Parlament ein KI-Gesetz, das in dieser Form als weltweit einmalig gilt. Es zielt darauf ab, die Nutzung von KI sicher, transparent und diskriminierungsfrei zu gestalten und wird mit diesen Zielen positiv wie kritisch bewertet.) Ein weiteres Kernthema des EFI-Gutachtens sind neue Technologien für eine nachhaltige Landwirtschaft. Die Experten-Kommission empfiehlt der Bundesregierung „dem Vorschlag der EU-Kommission zur differenzierten Regulierung von genomeditierten Pflanzen zuzustimmen“ und sich „bei der EU für eine vom gentechnischen Verfahren unabhängige Regulierung der Grünen Gentechnik einzusetzen.“ Die Kernthemen Internationale Mobilität im Wissenschafts- und Innovationssystem bewertet das Gremium positiv: „Deutschland ist zum Nettoempfängerland für publizierende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler geworden“, so der EFI-Bericht. Das Gremium fordert wie schon im vergangenen Jahr zudem, die Trennung zwischen militärischer und ziviler Forschung und Entwicklung aufzulösen. Damit könnten sogenannte Spillover-Effekte ausgelöst und ein Dual Use gefördert werden, heißt es im Gutachten. „Sonst vergibt Deutschland ökonomische Chancen“, sagte der EFI-Vorsitzende Uwe Cantner. Nachrichten
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