Forschung & Lehre 04/2024

273 4|24 Forschung & Lehre AUSGRÜNDUNGEN einem forschungsintensiven Umfeld. Es gibt nicht nur die Einheit von Forschung und Lehre, auch Forschung und Transfer als Einheit zu denken kann sinnvoll sein. Wir können den Befund der Studie über drei Mechanismen erklären: – Mehr Ressourcen durch Unternehmertum: Unternehmertum braucht nicht nur Ressourcen, erfolgreiches Unternehmertum generiert Ressourcen. Nicht nur erweitert sich mit einem Spin-Off der Möglichkeitsraum im Drittmittelkosmos. Mit einer erfolgreichen wissenschaftsgetriebenen Ausgründung werden auch Mittel generiert, die nicht nur auf die Weiterentwicklung des Unternehmens gelenkt werden können, sondern ebenfalls weitere Forschung und Publikationen ermöglichen. – Relevantere Forschung durch Unternehmertum: Unternehmertum ist der ultimative Realitätscheck für die Relevanz von Forschung. Grenzgängerinnen und -gänger zwischen Wissenschaft und Praxis haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, die altbekannte Kluft von Rigorosität und Relevanz erfolgreich zu überbrücken. Auch wenn sich die Relevanz von Grundlagenforschung der Marktlogik entzieht, so kann das Feedback von Kunden auf ein evidenzbasiertes unternehmerisches Angebot dennoch helfen, die eigene Forschung regelmäßig in Frage zu stellen. Und was im Markt besteht, das geht auch mit einer verbesserten Chance einher, sich in der akademischen Aufmerksamkeitsökonomie zu bewähren. – Mehr Serendipität durch Unternehmertum: Mit Unternehmertum öffnen sich oftmals auch Türen zu unerwarteten Entdeckungen. Serendipität, also das Auffinden bedeutsamer Dinge, an die im Vorfeld nicht gedacht wurde, folgt unter anderem daraus, dass man Pfade beschreitet, die ungewöhnlich sind. Das dynamische Umfeld eines Spin-Offs, auf das mit schnellen Anpassungen und viel Flexibilität reagiert werden muss, kann dazu führen, dass neue Forschungsfragen aufgedeckt werden, die man in einem rein akademischen Umfeld schlicht nicht hätte sehen können. Das wiederum tut der eigenen Forschung gut. Synergien ermöglichen Das in der Coronazeit öffentlich bekanntgewordene Unternehmen BioNTech SE ist ein vielsagendes, wenngleich extremes Beispiel dafür, wie wissenschaftlicher und wirtschaftlicher Erfolg professoraler Unternehmerinnen und Unternehmer Hand in Hand gehen können. Akzeptieren wir, dass mehr professorales Engagement im Transfer durch Unternehmertum eine wünschenswerte Entwicklung wäre, so braucht es zuerst den Willen, bereits existierende Möglichkeiten auch konsequent auszuschöpfen. Es besteht immer die Option, sich der Welt der akademischen Spin-Offs schrittweise anzunähern, sei es als Mentor, als Beirat oder auch als Investor, um zu lernen, wie Unternehmertum funktioniert, bevor man selbst aktiv wird. Warum nicht einmal das nächste Forschungssemester als unternehmerisches Praxissemester gestalten? Gleichzeitig haben unsere Daten gezeigt, dass die genannten Mechanismen unabhängig davon wirken, ob Professorinnen und Professoren im US-amerikanischen oder im europäischen System aktiv sind. Wir finden jedoch dramatisch viel mehr unternehmerisch aktive Professorinnen und Professoren in den USA. Wissenschaftspolitik ist hier konsequenterweise gefordert, Programme und Initiativen aufzulegen, die deutlich machen, dass professorales unternehmerisches Engagement nicht nur möglich, sondern auch wünschenswert ist. Essenziell ist dabei die Erkenntnis: Transfer durch Unternehmertum und Wissenschaft kann synergetisch sein – professorales unternehmerisches Engagement geht zwar über traditionelle akademische Aufgaben hinaus, eröffnet aber vielversprechende neue Horizonte. Kuckertz, A., & Scheu, M. (2024). From chalkboard to boardroom: Unveiling the role of entrepreneurship in bolstering academic achievement among professors. Journal of Business Research, 175, 114570. DOI: 10.1016/j. jbusres.2024.114570. »Unternehmertum braucht nicht nur Ressourcen, erfolgreiches Unternehmertum generiert Ressourcen.« Foto: mauritius images / Alamy

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