277 4|24 Forschung & Lehre CHINA tive Analysen kann jedoch, je nach Größe der Datensätze und Komplexität der Struktur, sehr zeitaufwendig sein. F&L: Auf dem Nationalen Volkskongress 2023 wurde die Bedeutung von Wissenschaft und Technologie für die Entwicklung des Landes hervorgehoben. Dabei wurde auch beschlossen, das Ministerium für Wissenschaft und Technologie umzuorganisieren. Sind Wissenschaft und Technologie nun Chefsache? Philipp Böing: In den letzten Jahren konnten ähnliche Entwicklungen bereits bei anderen Schwerpunktthemen beobachtet werden. Durch die Gründung sogenannter Leitungsgruppen wird versucht, die Kontrolle über verschiedene Fachressorts und Ministerien hinweg auf zentralstaatlicher Ebene zu bündeln. Diese Leitungsgruppen sind teilweise direkt dem Generalsekretär der Kommunistischen Partei unterstellt. Das Ziel ist, in der chinesischen Bürokratie noch effektiver Kontrolle und Einfluss auszuüben. Somit werden wichtige Themen in China schnell zur Chefsache. Für Generalsekretär Xi ist die eigenständige Innovation Chinas und die damit verbundene Unabhängigkeit vom Ausland von großer Bedeutung. Zudem geht es darum, Chinas zentrale Positionen in den internationalen Lieferketten vorteilhaft zu nutzen. Gleichzeitig leidet das chinesische Innovationssystem genauso unter Korruption wie andere Bereiche der chinesischen Wirtschaft und Verwaltung. Vielleicht ist die Umstrukturierung des Ministeriums durch die Zentralkommission für Wissenschaft und Technologie auch ein weiterer Versuch, Korruption und Misswirtschaft zu bekämpfen. Allerdings kann eine starke Bündelung von Zuständigkeiten auch zu einer Verlangsamung von Prozessen führen. In Kombination mit Reformen, die nationale Sicherheit und technologische Unabhängigkeit vor Wirtschaftswachstum priorisieren, würde dies nicht dazu führen, dass China sein tatsächliches Entwicklungspotenzial voll ausschöpfen kann. F&L: Schauen wir auf das Thema Forschungskooperationen zwischen China und Deutschland. Welche Schwierigkeiten zeigen sich aktuell? Philipp Böing: China will vor allem in Bereichen kooperieren, in denen ausländische Partner einen Wissensvorsprung haben. Insbesondere in den MINT-Fächern und der Hochtechnologie. Das Ziel ist es, zumindest gegenseitige Wissensgewinne zu erzielen, wobei die chinesische Seite »China will vor allem in Bereichen kooperieren, in denen ausländische Partner einen Wissensvorsprung haben.« Tsinghua University-Bejing Foto: pictures alliance / CFOTO
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