4|24 Forschung & Lehre 319 ENIGMA Enigma Divers gewinnt Von Ehrhard Behrends* *Autor und Copyright: *Ehrhard Behrends ist Professor im Ruhestand am Fachbereich Mathematik der Freien Universität Berlin. Seit vielen Jahren setzt er sich für die Popularisierung der Mathematik ein. Sein neues Buch „Der große mathematische Zauberstab“ erscheint im Frühjahr 2024 bei Rowohlt. Klaus bietet seinem Freund Karl eine Wette an: „Ich habe hier 10 Karten, 5 rote (Herz oder Karo) und 5 schwarze (Pik oder Kreuz). Du sollst sie sorgfältig mischen und sie dann – mit dem Bild nach unten – an uns beide austeilen: Eine für mich, eine für Dich usw. Wir decken sie gleichzeitig einzeln auf. Wenn die Farben übereinstimmen, wenn also beide rot oder beide schwarz sind, bekommst Du einen Punkt, andernfalls ich. Wer die meisten Punkte hat, gewinnt.“ Klaus betont noch, dass die Chancen für Karl günstig stehen: „rot-rot“ und „schwarz-schwarz“ sind zwei günstige Möglichkeiten, „verschiedene Farben“ aber nur eine. Karl nimmt die Wette natürlich an, es geht um das Bezahlen der Rechnung in dem Restaurant, in dem sie gerade sitzen. Hier das Ergebnis der ersten Runde, man sieht die am Ende aufgedeckten Karten: Oben sieht man die Karten von Klaus (Kreuz 5 usw.), unten die von Karl (Herz 10 usw.) Dreimal sind die Farben verschieden: Kreuz 5 gegen Herz 10, Kreuz 7 gegen Herz Bube, Kreuz Bube gegen Herz 2. Und nur zweimal sind sie gleich (Karo 8 gegen Karo 3, Pik 7 gegen Pik 5). Also hat Klaus gewonnen. Sie machen das noch mehrfach, und meistens geht es für Karl schlecht aus. Woran könnte das liegen? DieLösungist nicht leicht zu finden. Zunächst ist zu betonen, dass Klaus geschwindelt hat. Für „Die Farben sind verschieden“ gibt es auch zwei Möglichkeiten, nämlich rot-schwarz und schwarz-rot. Aufgrund dieser Klarstellung sollte es wenigstens ein faires Spiel sein. Aber auch das stimmt überraschender Weise nicht. Es hängt stark von der Anzahl der Kartenpärchen ab, wer die besseren Gewinnchancen hat. Am überzeugendsten ist das bei einem einzigen Kartenpärchen zu sehen, das eine schwarze und eine rote Karte enthält. Denn da gewinnt natürlich (sogar ganz sicher!) diejenige Partei, die auf „verschiedene Farben“ gesetzt hat. Wenn man das durch systematische Überprüfung aller Möglichkeiten weiter untersucht, stellt sich heraus, dass bei zwei Kartenpärchen (also zwei rote und zwei schwarze Karten) Klaus doppelt so oft gewinnen wird wie Karl. Bei drei Pärchen sieht es für Karl besser aus, er hat eine 60-prozentige Gewinnwahrscheinlichkeit. So wechseln die Chancen zwischen beiden mit immer größer werdender Pärchenzahl auf nicht leicht zu analysierende Weise. Besonders günstig ist es für Klaus immer dann, wenn die Anzahl beim Teilen durch Vier den Rest Eins lässt. Der Rekord wird bei 5 Pärchen erreicht, also bei der Anzahl im ersten Beispiel: Klaus wird mit beruhigenden 76 Prozent Wahrscheinlichkeit das Spiel gewinnen. Wem das noch zu unsicher ist, kann mehr Durchgänge einplanen. Zum Beispiel liegt bei 5 Durchgängen die Wahrscheinlichkeit, die Mehrzahl der Spiele zu gewinnen, schon bei 91 Prozent. Foto: privat
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