Forschung & Lehre 12/2024

12|24 Forschung & Lehre 881 STANDPUNKT KI wird Wahlkämpfe maßgeblich verändern: Wir werden immer mehr Desinformationskampagnen sehen, denn die Gruppen, die heute schon für manipulative Informationen sorgen, können dies dank der neuen Technologie deutlich schneller, günstiger und auf Personengruppen zugeschnitten tun. Neben der Manipulation von Informationen hat die schiere Existenz dieser Technologie aber auch zur Folge, dass echte Bilder jederzeit als Fake bezeichnet werden können, wenn es gerade genehm ist. Es wird dabei vermutlich sogar mehr Zeit und Energie kosten, einen solchen Vorwurf auszuräumen, als ein „echtes Fake“ als ein solches zu identifizieren. Und glauben Sie mir, ich hätte nicht gedacht, dass ich einmal im Leben von „echten Fakes“ werde sprechen müssen. Zusammenfassend werden Desinformationskampagnen also einerseits aus Fakes und andererseits aus Zeit schindenden Abwehrversuchen echter Bilder oder Videos als angebliche Fakes bestehen. Beides wird unsere Demokratie schwächen, weil es so viel schwieriger wird, Fakten von Fehlinformationen zu unterscheiden. Umso wichtiger wird es daher sein, dass Demokratien einen Weg finden, unabhängigen Journalismus zu fördern, ohne ihn vom Staat abhängig zu machen. Ich schlage dafür als Teil der Lösung eine Abgabe auf deutsche KI-generierte Inhalte vor: zum Beispiel einen Cent pro 10 000 Token, also generierte Teilwörter. Zweitens brauchen Bürgerinnen und Bürger Mittel, glaubwürdige von unglaubwürdigen Inhalten zu unterscheiden. Drittens wird neu zu bewerten sein, ob und wie man soziale Medien für die von ihnen verbreiteten Inhalte von Dritten haftbar machen kann. Viertens halte ich die Bildung einer neuen Social-Media-Plattform mit Klarnamen für eine Lösung. Dabei geht es mir nicht darum, Klarnamen auf allen Social-Media-Plattformen zu erzwingen. Das wird oftmals zurückgewiesen mit dem Hinweis darauf, dass marginalisierte Gruppen den anonymen Zugang zu Social-Media-Plattformen benötigen, um ihre Geschichte erzählen zu können. Dabei ist es sehr wohl möglich, das eine zu haben, ohne das andere zu lassen. Die meisten Bürgerinnen und Bürger würden vermutlich eine Plattform bevorzugen, auf der die Quellen von Hass und Falschinformationen schnell identifiziert werden können – daneben bleibt genug Raum für anonyme und quasi-anonyme Plattformen. Und wie könnte eine solche Plattform finanziert werden? Aus meiner Sicht sollten unser aller Rundfunkbeiträge lieber für solche verlässlichen Infrastrukturen im Digitalen eingesetzt werden, als weitere Krimiserien für den Vorabend zu produzieren. Denn um reinen „Rundfunk“, also Radio und Fernsehen, geht es doch schon lange nicht mehr. Von Fakten, Fakes und vorgetäuschten Fakes Katharina Zweigist Professorin für Informatik an der RPTU Kaiserslautern und leitet dort das Algorithm Accountability Lab. Foto: Feelix Schmitt

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