Forschung & Lehre 12/2024

12|24 Forschung & Lehre 893 HOCHSCHULBAU reich abzubauen. Wo könnte man noch ansetzen? Wie stehen Sie zu Public-Private-Partnership-Projekten (PPP) im Hochschulbau? Ulf Richter: Hochschulbau ist ein langfristiges Thema, er sollte auf zehn, besser auf 15 Jahre geplant werden. Daher sind eine langfristige Finanzierung und Planbarkeit äußerst wichtige Komponenten. Angesichts der aktuellen Zahlen halte ich es für ausgeschlossen, dass die Länder die Auflösung des Sanierungsstaus allein bewältigen können. Es wäre gut, wenn der Bund wieder in den Hochschulbau einsteigen würde, wenn es also zum Beispiel eine Art Sondervermögen gäbe. Meiner Meinung nach sollten wir aber auch über andere Finanzierungsquellen, zum Beispiel Öffentlich-Private-Partnerschaften (ÖPP) oder Public-Private-Partnership (PPP)-Projekte, nachdenken. Hochschulen sind für private Financiers durchaus interessante Partner. F&L: An welche Partnerschaften denken Sie da? Ulf Richter: Viele Unternehmen haben ein Interesse daran, Teile ihrer Unternehmen in der Nähe von Hochschulen zu platzieren, weil sie mit der entsprechenden Hochschule Forschungsprojekte umsetzen wollen. Sie suchen die Nähe zu den Studierenden, um Personal zu rekrutieren oder weil das Image einer Hochschule auch gut für das Image eines Unternehmens ist. Diesem Wunsch nach räumlicher Nähe kann man dadurch nachkommen, dass man Gebäude gemeinsam errichtet und betreibt. Das bringt Hochschulen und Wirtschaft im Sinne von Transfer enger zusammen. An der einen oder anderen Stelle wie zum Beispiel an der RWTH Aachen beobachte ich, dass so etwas umgesetzt wird. Bei den Beispielen, die ich im Kopf habe, handelt es sich um keine klassischen ÖPP- oder PPP-Projekte, wie man das von früher kennt und wo die Interessenslage der Privaten im Vordergrund stand, nämlich eine Rendite zu erzielen. Ich meine PPP-Projekte, die über dieses eine Interesse hinausgehen. F&L: Besteht nicht die Gefahr, dass sich die Länder dann noch stärker zurückziehen und auf die Finanzierung des Hochschulbaus durch PPP-Projekte verweisen? Ulf Richter: Dem muss man vorbeugen. Das Potenzial für solche Kooperationen ist in den Fächern unterschiedlich. Man könnte sagen: Von einer guten Universität wird erwartet, dass sie zwischen 20 und 30 Prozent ihres Grundhaushalts über Drittmittel einwirbt. So etwas Ähnliches könnte man auch für die bauliche Infrastruktur festlegen. Es muss klar sein, dass PPP-Projekte lediglich ein Baustein einer Finanzierung sein können. Auf gar keinen Fall darf man dem Finanzministerium eine Hintertür offen lassen, so dass der staatlich finanzierte Hochschulbau noch weiter vernachlässigt würde. F&L: Mitunter benötigen Bauprojekte im Hochschulbau zehn Jahre und länger bis zu ihrer Realisierung. Was sind Ihre Erfahrungen? Ulf Richter: An der Universität Siegen stellen wir gerade einen sehr anspruchsvollen und hochtechnisierten Laborbau fertig, er wird nächstes Jahr seiner Bestimmung übergeben. Mit der konkreten Planung haben wir 2017/18 begonnen. Mit diesem Zeitrahmen sind wir eher zügig als langsam. Von den circa acht Jahren nahm das eigentliche Bauen lediglich zweieinhalb bis drei Jahre ein. Die übrige Zeit bestand vor allem aus Bürokratie. F&L: Was macht das Bauen so bürokratisch? Ulf Richter: Ich bin seit elf Jahren Kanzler der Universität Siegen und habe währenddessen drei Referatsleiter im Wissenschaftsministerium erlebt, die für Hochschulbau zuständig sind. Jeder musste sich erst einmal in die Materie einarbeiten, dabei geht es nicht nur um eine, sondern mehrere Hochschulen, das benötigt selbstverständlich Zeit. Diese Fluktuation auf der Referatsleitungsebene spielt eine große Rolle. Ganz schwierig wird es, wenn sich Rahmenbedingungen grundlegend ändern, wenn das Land zum Beispiel neue Kennzahlen zugrunde legt. Früher gab es ein KennzahlensysFoto: mauritius images / Alamy »Hochschulbau ist ein langfristiges Thema, er sollte auf zehn, besser auf 15 Jahre geplant werden.«

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