Forschung & Lehre 12|24 896 HOCHSCHULBAU VolleVeranwortung Erfahrungen mit der Bauautonomie an der Technischen Universität Darmstadt F&L: Herr Dingeldein, Sie sind seit 2008 an der TU Darmstadt im Dezernat Baumanagement und Technischer Betrieb und seit 2013 der dortige Leiter. Im Jahr 2005 hat die Hochschule Bauautonomie erlangt. Wie kam es damals dazu? Edgar Dingeldein: Vor 2005 waren die Bauabteilungen der Liegenschaften (zum Beispiel Universitäten, Finanzämter oder Polizeibehörden) wie in anderen Bundesländern auch in Hessen in sogenannten Landesbaubetrieben zusammengezogen, um Aufgaben konzentriert und effektiv abarbeiten und die Finanzmittel besser verwalten zu können. Allerdings war es an der TU Darmstadt wie an anderen hessischen Hochschulen zu einem erheblichen Sanierungsstau gekommen. Daraufhin hat die TU über zehn Jahre mit der Landesregierung verhandelt, bis 2005 der Autonomiestatus im sogenannten TUD-Gesetz verankert wurde. Damit wurde die Bauherreneigenschaft, die früher von dem Landesbaubetrieb wahrgenommen wurde, in die TU Darmstadt hereingeholt, um sie dort direkt und eigenständig betreiben zu können. F&L: Was versprach man sich damals von der Bauautonomie? Haben sich die Erwartungen erfüllt? Edgar Dingeldein: Man versprach sich mehr Zielorientierung, bedarfsgerechtes Bauen und Sanieren und eine Beschleunigung der Abläufe. Der große Vorteil der Bauautonomie ist, dass wir die Prozesse innerhalb der TU abbilden. Natürlich arbeiten auch wir nach der sogenannten Geschäftsanweisung des Landes Hessen, die festlegt, wie Bauprozesse abgewickelt werden. Aber während sich die Landesbaubetriebe mit dem Ministerium kurzschließen und dort auch die Bedarfe klären müssen, finden die Bedarfsanmeldung, -ermittlung und auch die Bedarfsanerkennung innerhalb der TU statt, zumindest was das Globalbudget betrifft. Dadurch können wir sehr flexibel und zielgerichtet auf Veränderungen in der Hochschulwelt reagieren, zum Beispiel auf Bedarfe in der hochdynamischen Forschung und Digitalisierung. Neben dem Globalbudget gibt es Förderprojekte, bei denen der Bund oder Sonderförderprogramme mitfinanzieren. In dem Fall müssen wir auch immer noch beim Land Anträge abgeben und dort berichten. Aber alles, was über die Bauautonomie geregelt ist, wird ausschließlich innerhalb der TU entschieden. Einmal im Jahr berichten wir dem Ministerium. Aber das hat nicht mehr den Charakter einer Fachaufsicht. Die Fachaufsicht liegt innerhalb der TU und wird vom Präsidium wahrgenommen, vertreten durch den Kanzler. F&L: Es geht also vor allem um mehr Flexibilität und Schnelligkeit? Edgar Dingeldein: Genau. Seit Einführung der Bauautonomie konnte dadurch auch deutlich mehr gebaut werden. Zu Beginn meiner Tätigkeit 2008 gab es nur zwei genehmigte große Neubauvorhaben, den Neubau der Landesbibliothek und die Sanierung des Chemiekomplexes. Jetzt liegen wir bei einem Umsatz von rund einer Milliarde Euro beziehungsweise etwa 30 Neubauprojekten und über 100 kleinen und großen Umbau- und Sanierungsmaßnahmen. Insofern hat die Bauautonomie eingelöst, was man sich von ihr versprochen hat. F&L: Unter welchen Bedingungen wurde der Autonomiestatus vergeben? Edgar Dingeldein: Zunächst war eine Art Qualitätssicherung einzuführen. Ungefähr zehn Mitarbeitende aus dem Landesbaubetrieb, die den Hochschulbau und die Hochschule kannten, wurden in die TU versetzt. Dann hat man die TU mit einem jährlichen Pauschalbudget von 22,5 Millionen Euro für Bauangelegenheiten ausgestattet. Dazu kamen aus dem eigenen Haushalt Bauunterhaltungsmittel und auch Drittmittel von eingeworbenen Forschungsgeldern, sodass die Hochschule ganz gut aufgestellt war. 30 Millionen gab es on top, um das Darmstäd- | IM GESPRÄCH | Seit knapp 20 Jahren verfügt dieTU Darmstadt über Bauautonomie. Planungs- und Bauprozesse liegen in der Verantwortung der Hochschule. Haben sich die mit dem Autonomiestatus verbundenen Erwartungen erfüllt? Edgar Dingeldeinist Architekt und leitet noch bis Ende 2024 das Dezernat Baumanagement und Technischer Betrieb an der TU Darmstadt. Foto: Paul Abendschein
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