914 Forschung & Lehre 12|24 PUBLIZIEREN Im Zuge kooperativer Publikationsprojekte stehen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Phase einer Manuskripterstellung bisweilen vor dem Problem, dass sich eine Co-Autorin oder ein Co-Autor auf die Bitte um Feedback zum Artikel unerwartet nicht zurückmeldet. Mitunter lässt er beziehungsweise sie sich gar nicht mehr auffinden. Autorenteams stehen dann vor der Herausforderung, die Arbeit zu veröffentlichen, ohne gegen die gute wissenschaftliche Praxis (GWP) zu verstoßen. Ombudspersonen werden in solchen Situationen oft beratend hinzugezogen. Vor einer Publikation muss die Zustimmung aller Autoren eingeholt werden, da diese gemeinsam Verantwortung für den Inhalt tragen. Wird dies versäumt, können übergangene Autorinnen und Autoren grundsätzlich das Zurückziehen der Publikation oder ein Corrigendum verlangen. Zugleich darf eine Publikation nicht ohne wissenschaftsimmanente Gründe (zum Beispiel Kritik an Methoden oder Daten) verzögert werden; und auch aus Sicht der Scientific Community ist die frühestmögliche Veröffentlichung von Forschungsergebnissen wünschenswert. Dabei besteht ein wesentliches Interesse daran, die Genese und Genealogie wissenschaftlicher Erkenntnis transparent nachzuvollziehen. Über die Nennung als Autorin oder Autor besteht in wissenschaftsethischer Hinsicht somit kein Dispositionsrecht und eine berechtigte Autorennennung ist von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in der Regel zu dulden. Von Autorinnen und Autoren kann daher erwartet werden, dass sie für ihre Mitautorinnen und -autoren erreichbar sind beziehungsweise diese über längere Nicht-Erreichbarkeiten informieren. Es kann jedoch vorkommen, dass sich erst nach dem Weggang eines Wissenschaftlers zeigt, dass dieser einen autorschaftsrelevanten Beitrag erbracht hat (zum Beispiel methodische Vorarbeiten, die zunächst nicht nutzbar schienen). Hier haben Autorinnen und Autoren die Pflicht, die Person entsprechend zu informieren. Die Vorenthaltung einer Autorschaft aufgrund fehlender Zustimmung ist regelwidrig, wenn die oder der Betroffene über das Publikationsvorhaben gar keine Kenntnis hatte. Wenn Personen nicht mehr erreichbar sind Zunächst sollte die beteiligte Person daher gründlich gesucht werden, auch über wissenschaftliche Netzwerke. Liegt eine Adresse vor, können unter Setzung einer angemessenen Frist, die fachspezifische Abwesenheitsgründe berücksichtigt (zum Beispiel Forschungsreisen in schwer erreichbare Gebiete), schriftliche Aufforderungen, sich zu melden, erfolgen. Reagiert die Person auf diesem Wege nicht, empfiehlt es sich, weitere Kommunikationswege (etwa Telefon) zu nutzen. Die Recherche sollte dokumentiert werden, um gegebenenfalls belegen zu können, dass die Person nicht mutwillig ausgelassen wurde. Ursächlich für das NichtReagieren können vorherige „Verstimmungen“ in der Zusammenarbeit sein. Die Publikation als gemeinsames Ziel ins Zentrum zu stellen, kann hier zur Versachlichung beitragen. Besteht der Verdacht, dass die Autorin oder der Autor die Publikation ohne wissenschaftserheblichen Grund behindert, sollte darauf hingewiesen werden, dass dies ein wissenschaftliches Fehlverhalten darstellt. Eine förmliche Untersuchung dessen steht freilich nur dann offen, wenn die Person Co-Autorschaft Über Ghosting im wissenschaftlichen Publizieren | KATHARINA BEIER | HJÖRDIS CZESNICK | ImHochschulalltag kommt es immer wieder vor, dass sich Co-Autorinnen oder Co-Autoren vor der Veröffentlichung einer Publikation plötzlich nicht mehr melden. Für ihre Kolleginnen und Kollegen wird das zum Problem, denn auch sie können in einem solchen Fall im Zweifel nicht veröffentlichen.Wie damit umgehen? Katharina Beier ist promovierte Politikwissenschaftlerin und leitet die Ombudsstelle für gute wissenschaftliche Praxis an der Universität Göttingen. Hjördis Czesnickist promovierte Biologin und Leiterin der Geschäftsstelle des Gremiums „Ombudsman für die Wissenschaft“ in Berlin (ab 2025 „Ombudsgremium für die wissenschaftliche Integrität in Deutschland OWID“). AUTORINNEN Foto: privat Foto: privat Fotos: mauritius images / Alamy
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