Forschung & Lehre 12|24 928 KARRIEREPRAXIS Lachen kann durchaus eine ernst zu nehmende Sache sein, wie der organisierte Humor im Karneval zeigt. Die temporäre Auszeit vom strengen Korsett der Regeln kann als Vorbild dienen, wie man auch im Lehralltag durch das Instrument Humor kleine Pausen einbauen kann. Beim Lachen werden vom Kopf bis zum Bauch rund 300 Muskeln angespannt, allein 17 davon im Gesicht. Durch eine schnellere Atmung erhöht sich der Gasaustausch um ein Dreifaches, das Zwerchfell spannt sich und die Lungenflügel dehnen sich. Der zusätzliche Sauerstoff gelangt in die roten Blutkörperchen, das Herz schlägt schneller und pumpt sauerstoffreiches Blut durch den Körper. Für kurze Zeit ist der Organismus sehr aktiv und der Stoffwechsel wird angeregt. Mit dem Lachen kommt das körperliche Wohlbefinden: Im limbischen System werden während des Lachens Endorphine produziert, die in die Blutbahn gelangen und die Stimmung steigen lassen. Gleichzeitig wird die Ausschüttung des Stresshormons Adrenalin unterdrückt. Das Lachen teilt sich mit dem Gähnen und dem Weinen einige Merkmale: Es ist ansteckend, verändert den Hormonhaushalt, aktiviert Muskeln und wirkt so zuerst anregend und dann entspannend. Um ein Auditorium zu aktivieren, hat man die Wahl: Wünscht man sich lieber ein lachendes, ein gähnendes oder gar ein weinendes Auditorium? Zahlreiche Studien stützen die These, dass Lernende in einem unterstützenden, respektvollen und motivierenden Umfeld besser und erfolgreicher sind. Eine positive Unterrichtsatmosphäre erhöht Motivation und Engagement, reduziert Stress und Angst und sorgt insgesamt für bessere soziale Interaktionen. Kleine Unterbrechungen in der Vorlesung steigern den Lernerfolg, und Studierende kommen regelmäßiger in ihre Vorlesungen. In einer angespannten Situation kann ein gut platzierter humorvoller Kommentar Spannung lösen und die Aufmerksamkeit der Studierenden zurückgewinnen. Ein Professor oder eine Professorin, die in der Lage ist, über sich selbst zu lachen und humorvoll auch auf eigene Fehler zu reagieren, schafft eine Atmosphäre, in der sich Studierende sicher und unterstützt fühlen. Humoristische Elemente Wie kann der Einsatz humoristischer Elemente in der Lehre gelingen? Im Gegensatz zu manchen hochschuldidaktischen Ansätzen, bei deren Realisierung die Veranstaltung komplett neu zu gestalten ist (zum Beispiel Inverted Classroom), können Humorkomponenten niederschwellig eingesetzt und getestet werden. Ein möglicher humoristischer Einstieg in ein Thema ist die Anekdote: Nachhaltiges Lernen funktioniert dann am besten, wenn der Lernstoff nicht einfach vom Himmel fällt, sondern wenn eine menschliche (im günstigsten Fall emotionale) Beziehung zum Stoff aufgebaut werden kann. Vergleichbar mit der einfachen Realisierbarkeit zur Anekdote ist das Erzählen eines Witzes in der Vorlesung. Meine Erfahrungen mit belehrenden Witzen (also solche, die den Stoff nochmals auf eine andere, humorvolle, Art beleuchten sollen) waren dabei allerdings selten positiv: Es hat kaum jemand gelacht. Das kann natürlich am Witz selbst oder am Vortragenden liegen oder daran, dass sich der Kontext den Studierenden noch nicht erschlossen hat. Deutlich mehr Aufwand macht der Einsatz von humoristischen Cartoons, Zeichnungen, Fotos oder Videos in der Vorlesung. Falls man diese nicht selbst erstellt, ergeben sich hier immer auch Fragen zum Copyright. Trotzdem kann etwa der Einsatz von Cartoons im wahrsten Sinne des Wortes Farbe in die Vorlesung bringen. Am anspruchsvollsten ist sicher die Verwendung von Verkleidungen. Nicht jeder traut sich etwa als Hausmeister Maier (alias Prof. Dr. Sudo – einer der Urväter von Humor in der Lehre) mit Blaumann und Kehrbesen in die Vorlesung zu gehen, um dort launige Kommentare von sich zu geben. Hier ist sicher ein etwas längerer persönlicher Weg Ernst zu nehmende Sache Zum Humor in der Lehre | HARALD GROSS | Humor steht als belebendes Element in der Hochschullehre meist nicht im Vordergrund: Die Vermittlung von Wissen und Wissenschaft im Hörsaal ist, so das jahrhundertealte Paradigma der reinen Lehre, eine ernste Sache. Der klassischenVorlesung stellt die moderne Hochschuldidaktik aber gerade das Konzept einer aktivierenden Veranstaltung gegenüber, bei der der Humor als Komponente nicht fehlen sollte. Harald Großist Professor für Mathematik, Mitglied im Institut für Hochschuldidaktik an derTechnischen Hochschule Ulm und Trainer für Improvisationstheater. AUTOR Foto: privat »In einer angespannten Situation kann ein gut platzierter humorvoller Kommentar Spannung lösen und die Aufmerksamkeit der Studierenden zurückgewinnen.«
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