Forschung & Lehre 09/2023

692 RECHT Forschung & Lehre 9|23 Entscheidungen cke liege fern, weil der Gesetzgeber im direkten Anschluss an die Regelung für Professuren (§ 63 HSG) die dienstrechtliche Stellung der Juniorprofessuren (§ 64 HSG) geregelt habe und es daher unwahrscheinlich sei, dass er vergessen haben könnte, bestimmte Verlängerungsregeln, die er für Juniorprofessuren getroffen habe, auch für befristete Professuren vorzusehen. Im Übrigen sei auch keine vergleichbare Interessenlage gegeben: Anders als die befristete Professur sei die Juniorprofessur ein Qualifizierungsamt, das die Voraussetzungen für die Berufbarkeit auf eine spätere Professur herstellen solle. Dies spreche dafür, dass der Gesetzgeber, um den Qualifizierungscharakter zu stärken, großzügigere Verlängerungsgründe für Juniorprofessuren vorsehen wollte, als für befristete Professuren. VG Schleswig (12. Kammer), Beschluss vom 22.6.2023 – 12 B 32/23 https://bit.ly/3QgEqIv Abbruch eines Professurauswahlverfahrens Der Antragsteller wandte sich gegen den Abbruch eines Auswahlverfahrens hinsichtlich einer Professur, auf die er sich beworben hatte. Nach Durchführung der Probevorträge verVerlängerung einer Zeitprofessur wegen Krankheit? Der Antragsteller wurde gemäß § 63 Abs. 1 S. 2 Hochschulgesetz Schleswig-Holstein (HSG) unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit für die Dauer von zwei Jahren zum Professor an einer Hochschule in Schleswig-Holstein ernannt. Er erkrankte für längere Zeit; nach amtsärztlicher Prognose war innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten nicht mit einer so grundlegenden Besserung zu rechnen, dass eine Tätigkeit als Professor möglich erschien. Ein halbes Jahr vor Ablauf der Professur teilte die Hochschule dem Antragsteller schriftlich das Datum der Entlassung aus dem Beamtenverhältnis mit. Der Antragsteller beantragte daraufhin, das Dienstverhältnis aufgrund seiner andauernden Erkrankung um ein Jahr zu verlängern. Er war der Auffassung, dass die in § 64 Abs. 5 S. 7 Nr. 2 HSG für Juniorprofessuren geltende Verlängerungsregelung analog auf befristete Professuren anzuwenden sei. Die Vorschrift ermöglicht eine Verlängerung der Juniorprofessur bis zu einem Jahr, sofern eine länger als drei Monate andauernde Erkrankung vorliegt und eine Nichtverlängerung eine unzumutbare Härte bedeuten würde. Die Hochschule lehnte den Verlängerungsantrag ab. Der dagegen gerichtete Antrag auf Eilrechtsschutz blieb indes ohne Erfolg. Das VG Schleswig verneinte eine analoge Anwendung des Verlängerungstatbestandes nach § 64 Abs. 5 S. 7 Nr. 2 HSG, weil es an einer planwidrigen Regelungslücke fehle. Die dienstrechtliche Rechtstellung der Professoren und die Verlängerung der befristeten Professorendienstverhältnisse seien abschließend in § 63 HSG und § 117 Abs. 5 S. 2 LBG Schleswig-Holstein geregelt. Eine andauernde Erkrankung sei darin nicht als Verlängerungsgrund vorgesehen. Die Annahme einer Regelungslüblieb lediglich der Antragsteller als einziger Bewerber im Verfahren. Im Anschluss an die Einholung von Gutachten beschloss die Berufungskommission jedoch, das Berufungsverfahren abzubrechen, weil der Antragsteller ausweislich der Gutachten nicht über die erforderliche fachliche Breite und Passfähigkeit verfüge. Der Fakultätsrat bestätigte den Verfahrensabbruch; der Rektor stellte das Verfahren ein und teilte dies dem Antragsteller mit. Es kam zu einer erneuten Ausschreibung unter veränderten Vorgaben, auf die sich der Antragsteller nicht mehr bewarb. Das OVG Bautzen stellte klar, dass dem Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers auch bei der Entscheidung über den Abbruch eines laufenden Auswahlverfahrens Rechnung zu tragen sei. Der Verfahrensabbruch setze daher einen sachlichen Grund voraus. Unsachlich sei es insbesondere, einen unerwünschten Kandidaten aus leistungsfremden Erwägungen von der weiteren Auswahl auszuschließen. Dies sei hier jedoch nicht der Fall gewesen, da die Abbruchentscheidung auf den Gutachten basiert habe, welche die fehlende fachliche Breite und Passfähigkeit des Antragstellers feststellten. Daran ändere auch nichts die Tatsache, dass die Berufungskommission in ihrer ersten Sitzung den Antragsteller als „perfekt“ zur ausgeschriebenen Professur passend angesehen habe, bevor sie später von dieser Einschätzung abgerückt sei. Es sei vielmehr Aufgabe der Berufungskommission, im Rahmen des Auswahlverfahrens ihre erste Einschätzung anhand neu hinzukommender Erkenntnisse (Fachvorträge, Vorstellungsgespräche, Gutachten) fortlaufend zu überprüfen und – abhängig vom Ergebnis der Überprüfung – zu bestätigen oder zu ändern. Es existiere kein Erfahrungssatz, wonach sich ein aufgrund seiner schriftlichen Bewerbung zunächst als aussichtsreich eingestufter Bewerber auch in den weiteren Verfahrensabschnitten stets erfolgreich durchsetze. Für eine Überschreitung des der Berufungskommission zustehenden Beurteilungsspielraums durch eine fehlerhafte Bewertung sah das Gericht keine belastbaren Anhaltspunkte. OVG Bautzen (2. Senat), Beschluss vom 22.3.2023 – 2 B 22/23 https://bit.ly/3OaTncj Wiltrud Christine Radau Foto: mauritius images / M.schuppich / Alamy

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