Forschung & Lehre 11/2023

821 11|23 Forschung & Lehre NACHRICHTEN Täglich aktuelle Nachrichten auf www.forschung-und-lehre .de Angriff auf Israel erschüttert Wissenschaft Mit dem Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 hat ein weiterer Krieg im Nahen Osten begonnen. Über tausend Israelis sind gestorben, mehrere Tausende verletzt worden. Die israelischen Hochschulen haben aufgrund der Raketenbeschüsse den Semesterstart um drei Wochen auf den 4. und 5. November 2023 verschoben. 50 von insgesamt 80 Geförderten des Deutschen Akademischen Austauschdiensts (DAAD), haben Israel verlassen. Aktuell sind noch 30 Studierende und Promovierende über den DAAD im Land. Auch das Informationszentrum des DAAD an der Universität Tel Aviv ist weiterhin mit zwei Ortskräften in Betrieb. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler „sind geschockt von den brutalen Angriffen“, sagte ein Sprecher vomDAAD. Um die Forschenden aus Deutschland, die in Israel geblieben sind, werde sich sehr gut gekümmert. „Wir hören, dass sie vor Ort von den Universitäten oder in den Programmen sehr gut betreut werden“, teilte der DAAD mit. Anlässlich des Angriffs bekundeten zahlreiche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland ihre Solidarität mit Israel. „Wir stehen in Solidarität mit den israelischen Universitäten und Hochschulen und all ihren Mitgliedern“, sagte der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, Professor Walter Rosenthal, im Namen der deutschen Hochschulen. Auch die Allianz der Wissenschaftsorganisationen, der Universitätszusammenschluss German U15 sowie eine Reihe einzelner Hochschulen sprachen allen Opfern der terroristischen Angriffe ihre aufrichtige Anteilnahme aus. Elisheva Moatti, Verwaltungsdirektorin an der Hebrew University in Jerusalem, im Interview mit „Forschung & Lehre“ zur aktuellen Lage an den israelischen Hochschulen: https://t1p.de/af2l0 Finanznot bei Alexander von Humboldt-Stiftung Die Alexander von Humboldt-Stiftung (AvH) stellt ein komplettes Stipendienprogramm ein und reagiert mit kurzfristigen Einschnitten bei Erst- und Alumni-Förderungen, um trotz Haushaltskürzungen die Stipendiensätze für ihre Geförderten erstmals seit elf Jahren um 200 Euro erhöhen zu können. Im Humboldt-Forschungsstipendienprogramm erhalten Postdoktorandinnen und Postdoktoranden rückwirkend zum 1. Oktober 2023 monatlich 2 700 statt 2 500 Euro und erfahrene Forschende 3 200 statt 3 000 Euro. Zur Gegenfinanzierung läuft das Bundeskanzler-Stipendium für Forschende aus dem Ausland zum Jahr 2025 aus. Die Förderung bleibe dennoch unzureichend: Um gestiegene Lebenshaltungskosten ausreichend abdecken zu können, wären weitere rund zehn Millionen Euro notwendig. DHV und DPhV wollen noch enger kooperieren Die Interessenvertretungen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Lehrkräften in Deutschland wollen künftig noch enger kooperieren. Das gaben die Bundesvorsitzende des Deutschen Philologenverbands (DPhV), Professorin Susanne Lin-Klitzing, und der Präsident des Deutschen Hochschulverbands (DHV), Professor Lambert T. Koch, in einer gemeinsamen Erklärung am 12. Oktober bekannt. Lin-Klitzing und Koch betonten die Interessensüberschneidungen von DPhV und DHV. Dazu gehöre vor allem der Wille, sich auf politischer Ebene gemeinsam für die Qualitätssicherung des Abiturs und der Lehrkräftebildung in Deutschland einzusetzen. „Den Universitäten fehlen auf Dauer die Kapazitäten, um zu Beginn des Studiums in der nachholenden Stoffvermittlung Bildungsaufgaben der Schulen mit zu übernehmen“, sagte der Präsident des DHV laut Erklärung. Der Standard des Abiturs müsse weiter steigen. Dafür sollte die Kultusministerkonferenz laut DPhV das unterschiedliche Anspruchsniveau der gymnasialen Oberstufen an den verschiedenen zum Abitur führenden Schularten neu kritisch in den Blick nehmen. Zu einer Stärkung des Abiturs gehört laut beider Verbände außerdem, dass die Qualität der Lehrkräftebildung auch bei einem Quer- oder Seiteneinstieg gehalten werde. Von der Kultusministerkonferenz forderten beide Verbände, künftig stärker eingebunden zu werden. KOMMENTAR Solidarität!? Gewalt zwischen Staaten wie der brutale Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine oder die menschenverachtenden Terrorangriffe der Hamas auf Israel gefährden den Weltfrieden und die internationale Sicherheit. Sie führen zu unermesslichem Leid und wirken sich auf die Wirtschaft und den sozialen Frieden weltweit aus. Es bedarf keiner Expertise, um zu erkennen, dass Krieg und Terror immer auch Bildungseinrichtungen bedrohen und die Freiheit der Wissenschaft tangieren: weil Wissenschaft gar nicht oder nur noch eingeschränkt möglich ist. Umso wichtiger sind in diesen Zeiten der Zusammenhalt der Academia und die unmissverständlichen Zeichen der Solidarität mit der Ukraine und Israel, besonders für diejenigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die unverschuldet Schreckliches erleben müssen und ihrer Arbeit oftmals kaum noch nachgehen können. Dass die Bundesregierung derweil ausgerechnet in der Kulturpolitik den Rotstift bei den institutionellen Budgets und Stipendienprogrammen von Alexander von HumboldtStiftung oder Deutschem Akademischen Austauschdienst ansetzen will, zeugt weder von Solidarität noch von Weitsicht. Bildung und Wissenschaft können Brücken bauen und ein Mittel friedensstiftender Diplomatie sein. Diplomatie bedeutet Sachlichkeit, und das ist die Stärke von Wissenschaft. Wissenschaftlicher Austausch sollte uns mehr wert sein. Yvonne Dorf

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