Forschung & Lehre 11/2023

Forschung & Lehre 11|23 834 HOCHSCHULFINANZIERUNG Auch auf Strukturen kommt esan Forschungsfinanzierung in schwierigen Zeiten Die angespannte Haushaltslage und die verteuerte Forschung nahm der Wissenschaftsrat im vergangenen Jahr zum Anlass, sich in einem Positionspapier mit den Strukturen der Forschungsfinanzierung an deutschen Hochschulen zu befassen. Die zentrale Ausgangsthese des Papiers ist: Funktionstüchtige Strukturen und forschungsfreundliche Rahmenbedingungen der Forschungsfinanzierung sind für die erfolgreiche Durchführung von Forschung an Hochschulen ebenso essenziell wie die Höhe der verfügbaren Mittel. Zentrale Mittelströme Das Positionspapier attestiert deutlichen Handlungsbedarf, da das aktuelle System der Forschungsfinanzierung an seine Grenzen gekommen ist. Der Wissenschaftsrat führt dies vor allem auf das aktuelle Zusammenspiel der beiden zentralen Mittelströme – von Grund- und Drittmitteln – zurück. Allerorts wird beklagt, dass der Anteil der Drittmittel zu hoch geworden sei. Doch die Situation ist komplexer. Beide Finanzierungsarten haben wichtige Funktionen im Gesamtgefüge: Grundmittel müssen gewährleisten, dass Forschung frei von programmatischen und zeitlichen Vorgaben möglich ist und ihr die notwendigen Infrastrukturen zur Verfügung stehen. Sie stützen die Strategiefähigkeit der Hochschulen und sichern die Kontinuität in der Forschung sowie die Antragsfähigkeit von Forschenden. Drittmittel ihrerseits eröffnen den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zusätzliche Optionen in der Gestaltung ihrer Forschungstätigkeit, sie können für temporäre Aufgaben zielgerichtet eingesetzt werden und der Wissenschaft zusätzliche Impulse geben. Seit einigen Jahren haben Grundmittel für Forschung und Drittmittel ein ähnlich hohes Gewicht in der Forschungsfinanzierung an Hochschulen. Zudem müssen allerdings umfangreiche Mittel aus den Grundhaushalten der Einrichtungen eingesetzt werden, um die Durchführung der geförderten Drittmittelprojekte tatsächlich zu ermöglichen. Ob indirekte Kosten für Verwaltung, die Bereitstellung von Räumen oder explizit von den Hochschulen eingeforderte Eigenleistungen und Nachhaltigkeitsversprechen – es gilt: ohne Grundmittel keine Drittmittelprojekte. Gerade forschungsstarke Einrichtungen bekommen die Folgen zu spüren: Je mehr Forschungsprojekte eingeworben werden, desto weniger Freiheit hat die Hochschule beim Einsatz der Grundfinanzierung. Auf der anderen Seite des Spektrums gelingt es kleinen, weniger forschungsstarken Einrichtungen teilweise nur schwer, die Hürde der Eigenbeteiligungen zu nehmen. Projektfinanzierung? Der Ausweg aus dieser Situation scheint einfach: Projektfinanzierung sollte den tatsächlichen Ressourcenbedarf, der zur Durchführung der geförderten Projekte notwendig ist, in höherem Maße als bisher abdecken. Dadurch könnten Grundmittel wieder vermehrt ihren Aufgaben entsprechend eingesetzt werden, um Forschungsmöglichkeiten und -bedingungen zu gestalten und zu verbessern. Gleichzeitig wäre durch eine geringere Verflechtung von Dritt- und Grundmitteln die Funktionsfähigkeit jeder forschenden Hochschule unabhängig von der Höhe ihres jeweiligen Drittmittelaufkommens besser gewährleistet. Forschungsfinanzierung würde somit insgesamt transparenter und besser skalierbar. Programm- oder Projektpauschalen Doch was heißt das in der Praxis? Eine Vollkostenabrechnung aller drittmittelfinanzierten Forschungsprojekte wäre für Forschende wie Hochschulverwaltungen zu zeit- und ressourcenintensiv. Der Weg muss daher, so der Wissenschaftsrat, zuvorderst über die sogenannten Programm- oder Projektpauschalen führen: Solche Pauschalen zur Deckung indirekter Projektkosten sollen künftig nicht mehr nur von DFG, BMBF und | HEIKE SOLGA | JÜRGEN HEINZE | EVA MARIA WERNER | Alles wird teurer, auch die Forschung . Zudem sind die Zeiten vorbei, in denen die Hochschulen von einem realen Wachstum ihrer Budgets ausgehen konnten . Forschung ist und bleibt jedoch von fundamentaler Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft .Was also tun? Heike Solgaist Professorin für Soziologie an der Freien Universität Berlin und Direktorin der Abteilung „Ausbildung und Arbeitsmarkt“ amWZB Jürgen Heinzeist Professor für Zoologie und Evolutionsbiologie an der Universität Regensburg Eva Maria Werner ist Referentin in der Abteilung Forschung der Geschäftsstelle des Wissenschaftsrats AUTOREN Foto: privat Foto: WR / S. Pietschmann Foto: privat

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