Forschung & Lehre 12/2023

12|23 Forschung & Lehre 927 BESOLDUNG ten. Eine Ursache des Gender-Pay-Gap liegt demnach auch in der Selbstselektion von Frauen in Fächern mit geringeren Einkommenschancen auf dem außeruniversitären Arbeitsmarkt. Strukturelle Diskriminierung? Vergleicht man den Gender-Pay-Gap an den beiden Universtäten unter Berücksichtigung des Lohneffekts, der auf der unterschiedlichen Fächerwahl von Frauen und Männern beruht, dann zeigt sich: An der Universität mit W-Besoldung in Deutschland (Universität D) gibt es an beinahe allen Fakultäten einen GenderPay-Gap, der jedoch mit dem Frauenanteil deutlich zunimmt. Hingegen gibt es an der Universität in der Schweiz mit einem Fixlohnsystem (Universität S) im Durchschnitt aller Fakultäten keinerlei Gender-Pay-Gap. Dort, wo der Frauenanteil gering ist, verdienen die Professorinnen sogar leicht mehr als die Professoren. Die verschiedenen Besoldungssysteme sind demnach in der Lage, geschlechtsspezifische Unterschiede auszugleichen: Zum ersten zeigen zahlreiche empirische Befunde, dass Frauen weniger hart als Männer um ihren Lohn verhandeln. Zweitens verrichten Frauen in Organisationen mehr Hilfsarbeiten, die wenig sicht- und messbar sind und in Verhandlungen deshalb als weniger relevant gelten, obwohl sie für das Funktionieren des Systems von ausschlaggebender Bedeutung sind („nonpromotable tasks“). Beides ist Folge von Geschlechternormen, deren Verletzung Identitätskosten verursacht. Frauen, die solche Normen verletzen, gelten als unsympathisch. Hinzu kommt drittens, dass in vielen Kommissionen und bei vielen Begutachtungen erwartet wird, dass mindestens ein bis zwei Frauen vertreten sind. Das führt zu einer höheren Arbeitsbelastung der Professorinnen, ist aber selten verhandlungsrelevant. Der höhere Gender-PayGap an der Universität mit W-Besoldung ist demnach eine Folge davon, dass hier Verhandlungen um messbare Kriterien eine deutlich größere Rolle spielen als an der Universität mit weitgehendem Fixlohn-System. Ist dies eine Diskriminierung? Ja, wenn man hierzu auch institutionelle Bedingungen zählt, welche Frauen deshalb benachteiligen, weil diese Bedingungen vorwiegend männlichen Präferenzen entsprechen und Frauen sich diesen Bedingungen anpassen müssen. Zu diesen gehören die größere Wettbewerbsneigung und Verhandlungsbereitschaft von Männern im Vergleich zu leistungsfähigen Frauen. Begründet ist dies in sozialen Geschlechternormen, deren Verletzung insbesondere bei den Frauen Identitätskosten verursacht. Aus diesem Grund benachteiligt die W-Leistungsbesoldung in Deutschland die Professorinnen. Dieses Lohnsystem – so darf man vermuten – benachteiligt auch diejenigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, deren Stärke nicht in Verhandlungen, sondern in der Forschung besteht. Dagegen zeigt das Beispiel der Universität S in der Schweiz, wie ein wettbewerbsfähiges und diskriminierungsfreies Lohnsystem aussehen kann, welches denjenigen entgegenkommt, die in erster Linie an wissenschaftlichen Inhalten interessiert sind. Eine ausführliche Fassung inkl. Literaturangaben kann bei der Redaktion angefordert werden. ZERTIFIKATSPROGRAMM – CAS Certificateof Advanced Studies Strategieentwicklung und -implementierung in Hochschulen und Wissenschaft Berufsbegleitende Weiterbildung im Umfang von15ECTS Individuell & flexibel –Online Zertifikatsstudium Hochschulund Wissenschaftsmanagement an der Hochschule Osnabrück • Strategisches Management • Operatives Management • Kosten- und Finanzmanagement/Controlling Wir bieten ein kompaktes und zeitlich flexibles Studienkonzept ausgerichtet auf Berufstätige. Das Online-Studium besteht aus Selbstlerneinheiten, individueller Betreuung und Beratung sowie regelmäßigen virtuellen Treffen mit Lehrenden. Neugierig geworden? Informieren Sie sich auf www.hs-osnabrueck.de/cas-strategie-wissenschaftsmanagement ONLINE Anzeige

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