Forschung & Lehre 09/2023

684 FORSCHUNG Forschung & Lehre 9|23 Täglich aktuelle Nachrichten auf www.forschung-und-lehre.de Ergründet und entdeckt Lebenserwartung von Männern und Frauen Über viele Jahrzehnte hinweg stieg die Lebenserwartung von Frauen schneller als die der Männer. Seit Ende des 20. Jahrhunderts hat sich dieses Ungleichgewicht wieder verringert. Wo die Lücken zwischen Männern und Frauen besonders gering oder noch auffallend groß sind, damit haben sich Forschende am Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) beschäftigt. In einer Studie untersuchten sie „erstmals detaillierte Todesursachendaten für 228 Regionen in sieben europäischen Ländern“. Lagen Männer hier noch Mitte der 1990er Jahre bei der Lebenserwartung mehr als sieben Jahre hinter Frauen zurück, so reduzierte sich dieser Unterschied in den vergangenen Jahrzehnten auf weniger als fünfeinhalb Jahre. Es zeigen sich dem BiB zufolge aber erhebliche räumliche Unterschiede: In Süddeutschland, Dänemark und der Schweiz seien die Differenzen mit teilweise weniger als vier Jahren besonders gering. Spitzenreiter mit nur 3,3 Jahren Abstand sei die Region Nordwestschweiz mit Basel und Umland, dicht gefolgt von der Region München und Umland mit 3,5 Jahren. In Teilen von Ostdeutschland, Tschechien, der Slowakei und Frankreich seien die Unterschiede zwischen Männern und Frauen mit sechs und mehr Jahren dagegen etwa doppelt so groß. Des Weiteren beobachteten die Forschenden auf dem Land größere Unterschiede als in der Stadt. Florierende Großstädte zögen durch ihre guten Jobmöglichkeiten eher gesunde und qualifizierte Bevölkerungsgruppen an, während strukturschwache Regionen weniger attraktiv für diese Menschen seien. Auch ungesundes Verhalten könne zu einer geringeren Lebenserwartung führen: Im 20. Jahrhundert war demnach etwa das unter Männern weiter verbreitete Rauchen ein wesentlicher Grund, dass deren Lebenserwartung langsamer stieg als bei Frauen. Zudem arbeiteten Männer dem BiB zufolge über einen langen Zeitraum länger und waren somit mehr Gesundheitsrisiken im Job ausgesetzt. Der zunehmende Einsatz von Herzschrittmachern hätte gerade bei ihnen geholfen, die Sterblichkeit durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu reduzieren. Außerdem sei bei Männern die durch das Rauchen bedingte Sterblichkeit bereits abgeebbt, während sie bei Frauen weiter angestiegen sei. Dies hänge damit zusammen, dass Frauen erst ab den 1960er Jahren in einem hohen Maß mit dem Rauchen begonnen hätten. Durch die steigende Erwerbstätigkeit von Frauen nähmen zudem Geschlechterunterschiede bei arbeitsbedingten Gesundheitsrisiken ab. Wie die Ergebnisse zeigten, könne nur ein kleiner Teil der Unterschiede zwischen Männern und Frauen auf biologische Unterschiede zwischen den Geschlechtern zurückgeführt werden. Der größere Teil sei vom Lebensstil sowie von der Vorbeugung und Früherkennung von Krankheiten abhängig. Markus Sauerberg et al., DOI: 10.1093/eurpub/ckad111 Archäologische Fundstätten digital Die Universität Tübingen hat eine Datenbank zu 2 400 archäologischen Fundstätten der Menschheitsgeschichte entwickelt. Die digitale Datensammlung ist der Universität zufolge kostenfrei zugänglich und enthält Ergebnisse aus 150 Jahren Forschung. Forschende und Laien könnten so 24 000 Fundinventare aus hundert alten Kulturen einsehen. Die Datenbank namens ROAD (ROCEEH Out of Africa Database) ist demnach eine der größten digitalen Datensammlungen zu Archäologie, Anthropologie, Paläontologie und Botanik. Über eine einfach zu bedienende Karte werde die Verteilung der Fundstätten über den Globus angezeigt. Seit 2008 habe ein internationales Forscherteam in mühevoller Kleinarbeit die Daten zusammengetragen. Unter anderem seien mehr als 5 000 Publikationen in zahlreichen Sprachen ausgewertet worden, darunter Chinesisch, Russisch, Englisch, Deutsch, Französisch Italienisch, Spanisch und Portugiesisch. Laut Universität zeige die Datenerfassung, dass ein Großteil der wissenschaftlichen Erkenntnisse über unsere Vergangenheit aus nur wenigen, sehr gut untersuchten Regionen stamme: dem südlichen und östlichen Afrika, aus Europa sowie Zentral- und Ostasien. Ozeanien sei nicht Teil der Studie gewesen. Datenbank ROAD:https://www.roceeh.uni-tuebingen.de/roadweb/ Andrew Kandel et al.; DOI: 10.1371/journal.pone.0289513

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